Hannes Giessler Furlan
Sterntaler
Wie das Geld sozialistisch wurde
Solange es noch existiert, hat der Kommunismus nicht gewonnen. Das war anfangs die bolschewistische Auffassung vom Geld. Es galt als Zeichen unvollendeter Nationalisierung der Produktionsmittel. Es »wird wahrscheinlich endgültig erst mit der Kleinwirtschaft selbst absterben.«Nikolai Bucharin/Ewgenij Preobraschenski, Das ABC des Kommunismus [1919], Hamburg 1921, 342. Dann aber blieb es im Realsozialismus existent, obwohl es kaum noch Privateigentum an Produktionsmitteln gab, und verlangte nach Rechtfertigung, etwa solcherart: »Die Dialektik der Entwicklung des Geldes in der Epoche des entfalteten Aufbaus des Kommunismus besteht darin, daß durch die allseitige Festigung der Geldzirkulation in der sozialistischen Gesellschaft und durch die Erhöhung der Bedeutung des Geldes in der Volkswirtschaft sein Verschwinden in dem Stadium vorbereitet wird, in dem die sozialistische Gesellschaft ihre Produktivkraft und gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse auf einen Stand gebracht haben wird, der den Eintritt in die zweite, die höchste Phase des Kommunismus sicherstellt.«Jakov Kronrod, Das Geld in der sozialistischen Gesellschaft [1960], Berlin 1963, 391, Schreibung im Original. Kurz gesagt: Bevor es abstirbt, blüht das Geld noch mal auf. Während Jakov Kronrod als Marxist alter Schule Mühe hatte, eine plausible Rechtfertigung des Geldes zu formulieren, nahmen pragmatische Positionen die Existenz des Geldes weniger schwer. Ihnen zufolge hat sich das Geld »grundlegend gewandelt«Zakharii Atlas, Zur Theorie des Sowjetgeldes, in: Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Abteilung, Jahrgang 1953 (Heft 5/6), 664-683, 665. – und zwar vom Bock zum Gärtner. Sozialistisches Geld sei gutartiges Geld. Während kapitalistisches Geld die Produktion hinter den Rücken der ProduzentInnen und KonsumentInnen vermittle, werde das Sowjetgeld »bewußt und planmäßig« angewandt.
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