Emanzipation ist heute im deutschen Sprachraum kaum zu denken ohne die Frauenbewegung. Es heißt die Emanze, nicht der Emanze. Die Erfolge der ersten Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden fortgesetzt in den Reformen der 68er und haben den Begriff Emanzipation eng an die feministische Bewegung gebunden.
Andersherum nennt man ihn, den Mann, den Bonzen. Es gibt sie nicht, die Bonze, dabei wäre es rein sprachlich denkbar. Innerhalb traditioneller gesellschaftlicher Kategorien aber ist es abwegig. Während man dem Bonzen den Wohlstand neidet, missgönnt man der Emanze soziale und ökonomische Teilhabe. Daran hat sich seit den 68ern nicht viel geändert. Die Anfeindungen kommen aus allen und gehen in alle Richtungen, das ist die stete Konsequenz ungleicher Verteilung bis in die Gegenwart. Da es in dieser Vorstellung nicht »mehr« zu verteilen gibt, müsste die Emanze ihren Teil dem Bonzen oder jemand anderem wegnehmen. Unter diesen Bedingungen darüber zu verhandeln, es für eine bestimmte Gruppe gerechter zu machen, muss zwangsläufig auf den Widerstand derer treffen, die befürchten, die Emanze würde ihnen noch ihr letztes Bisschen streitig machen, statt den Überschuss des Bonzen abzuschöpfen. Der Blick auf eine bessere Zukunft ist dadurch verstellt.
Es ist kein Zufall, dass in der Sprache der Gegenwart von der Gleichstellung benachteiligter Gruppen die Rede ist. Entsprach die Emanzipation einzelner Gruppen doch stets lediglich einer Rechtsangleichung: In Deutschland bekamen Frauen 1919 das allgemeine Wahlrecht, Homosexuelle erhielten 2017 das Recht auf Eheschließung. Ganze Abteilungen sind in größeren Institutionen damit beschäftigt, die Gleichstellung diskriminierter Gruppen zu gewährleisten, wo es theoretisch keinen rechtlichen Spielraum für Benachteiligung mehr gibt. Das Wort Gleichstellung verweist zugleich auf den Widerwillen, mit dem die Rechtsangleichung, ein gleichsam schreckliches Wort, gewährt wird. Es sei Dir erlaubt, Dich anhand vorgegebener Koordinaten zu emanzipieren, nicht darüber hinaus. Das klingt gerade nicht nach der freien Entfaltung des Individuums. Es gibt diese unsichtbaren Grenzen, gibt diese Kompetenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Für das Weibliche ist der Maßstab das Männliche, für das Homosexuelle das Heterosexuelle, für Nicht-Zugehörige sind es die selbst ernannten Zugehörigen. Die Überschreitung dieser Kompetenz wird in der Beschimpfung gespiegelt, so wurde beispielsweise die Feministin zur »Emanze«.
Christa Wolf holte die Emanzipation bereits 1974 in einem Interview aus der Sphäre des Weiblichen zurück und gab zu bedenken: »Ist es denn ein Ziel der Emanzipation, kann es überhaupt erstrebenswert sein, dass die Frauen ›werden wie die Männer‹, also dasselbe tun dürfen, dieselben Rechte wie sie bekommen und immer mehr auch wahrnehmen können, wo doch die Männer es so sehr nötig hätten, selbst emanzipiert zu werden?«
Auch wenn seitdem über 40 Jahre vergangen sind, nährt ein Großteil der Linken seine Daseinsberechtigung noch immer aus dem Befund der nicht-emanzipierten Gesellschaft. Und doch wird der fast schon inflationäre Gebrauch des Zusatzes »emanzipatorisch«, der höchste linksradikale Integrität verbürge, nicht etwa deswegen möglich, weil sich seit dem Aufkommen des Begriffs rein gar nichts zum Besseren entwickelt hätte. Ursprünglich die Freilassung des Kindes aus der Gewalt des Vaters bzw. die des einzelnen Sklaven aus der des Herrn bezeichnend, verdankt die Rede von der Emanzipation ihre Karriere neben den andauernd ungenügenden Verhältnissen einer semantischen Verschiebung im Bedeutungsgehalt des Begriffs selbst: von einer streng transitiven, auf einen spezifischen Akt gerichteten Verwendung als »Freilassung zu etwas«—im Falle des Kindes zur Mündigkeit—hin zu einem ebenso vagen wie auf einen Prozess zielenden Gebrauch. Seines konkreten Gehalts entledigt, kann Emanzipation, und mehr noch dessen seltsam adjektivierte Form »emanzipatorisch«, heute bis zur Beliebigkeit fast alles bezeichnen, das nur nicht gerade zurück in die Barbarei will. Dabei hatte der Begriff mit seiner Entstehung als politischer einen sehr konkreten Bedeutungsgehalt.
Im Zuge der amerikanischen Abolitionsdebatte im späten 18. Jahrhundert war der vormals auf den privaten Bereich zielende Begriff vermehrt in das politische Vokabular der Zeit überführt worden. Insbesondere in Amerika eng mit der langwierigen Abschaffung der Sklaverei verknüpft, ging der Begriff in Europa zuvorderst im Gefolge der rechtlichen Angleichung der Juden an die übrigen Staatsbürger in den politischen Sprachgebrauch ein. 1831 stellte Ludwig Börne durch eine sprachliche Erweiterung die Ausdehnung auf eine dritte Bevölkerungsgruppe her, indem er erstmalig von der »Emanzipation der Weiber« sprach. Allen drei Verwendungen ist über die assoziative Übertragung der Situation von Schwarzen, Frauen und Juden gemein, dass sie zwar im Kern einen allgemeinen und auf Gleichheit zielenden Begriff der Menschheit teilten, sie jedoch vor allem auf die Verrechtlichung der Integration bislang ausgeschlossener Gruppen in die Mehrheitsgesellschaft zielten. In diesem modernen Sinne ist damit aber angelegt, worauf noch Christa Wolf verwies: dass nämlich die als rechtliche Gleichstellung verstandene Emanzipation an die Existenz eines funktionierenden Rechtswesens gebunden ist. Denn nur wo verhältnismäßige Sicherheit über Geltung und Durchsetzung der allgemein vereinbarten Rechtsgrundlagen besteht, lässt sich eine Angleichung überhaupt erst sinnvoll einfordern.
Ausgehend von diesen drei partikularen Emanzipationsbestrebungen im noch immer rein rechtlichen Sinn etablierte sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts eine Erweiterung des Begriffs. Bereits die 1840 publizierte Enzyclopädie der Wissenschaften und Künste spricht neben der juristischen von einer »umfassenderen Bedeutung dieses Wortes im politischen, philosophischen und welthistorischen Sinne.« Diese Ausdehnung sei nicht willkürlich oder zufällig zustande gekommen, sondern vielmehr im Wesen der Menschheit begründet. Durch sie werde Emanzipation »zu dem praktisch wichtigsten aller Begriffe.« Bemerkenswert ist, dass der entsprechende Eintrag nicht nur auf diesen erweiterten Sprachgebrauch verweist. Er führt ebenso aus, dass die Emanzipation in diesem Gebrauch nicht mehr wie ursprünglich in der einzelnen Handlung der Freilassung zu ihrem Endpunkt komme. Vielmehr muss es sich diesem Verständnis nach um eine Reihenfolge zusammenhängender Bestrebungen, »einen politischen Lebenproceß« handeln, der sich aus aufeinander bezogenen Schritten ergibt, »so daß der einleitenden Emancipationsact eben nur der Anfang des Schauspiels ist.«
Drei Jahre nach der Veröffentlichung der Enzyklopädie erschien ein Text, der jenes Hinausweisen des Emanzipationsbegriffs über ein rein rechtliches Verständnis theoretisch zu fundieren suchte. Und der im Gegensatz zu jenem Enzyklopädie Artikel, der heute wohl kaum mehr jemandem geläufig ist, noch immer für das ein oder andere Schisma sorgen dürfte. In seiner Schrift Zur Judenfrage entwickelte Karl Marx ausgehend von einem vehementen Plädoyer für die rechtliche Gleichstellung der Juden innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft eine fundamentale Kritik des modernen Staats und formulierte in Grundzügen ein eschatologisch aufgeladenes Programm der allgemeinen »menschlichen Emanzipation«. Insbesondere für die in der Tradition von Marx stehende Gesellschaftskritik erwuchs daraus jedoch das Problem, wie Jonas Fischer in seinem Beitrag Nun sag, wie hast du´s mit dem Staat? in diesem Heft ausführt, zwischen politischer, den je konkreten Staat anrufender Emanzipation und dem Streben nach allgemeiner Befreiung der Menschheit zu vermitteln. Denn, wie Philipp Hanke im vorliegenden Aufsatz Liberté, egalité—impossibilité meint, hatte sich bereits gut ein halbes Jahrhundert vor Marx’ Frühschrift in aller Deutlichkeit gezeigt, dass die Ideale von Freiheit und Gleichheit unter den Bedingungen der auf Wertproduktion ausgerichteten Gesellschaft zwangsläufig zur Unmöglichkeit verkommen müssten. Am Beispiel der haitianischen Revolution von 1791 zeichnet Hanke nach, wie eine weit über das Bestehende hinausweisende Revolution, die nicht lediglich den bislang von der Teilhabe an der auf ökonomischen Mehrwert zielenden Konkurrenz ausgeschlossenen Sklaven zu ihrem bürgerlichen Recht verhelfen wollte, sondern im Sinne des Autors die erste große antikapitalistische Emanzipationsbewegung der Weltgeschichte darstellte, am Widerstand der liberalen Gesellschaft scheitern musste. Der Fortgang der Weltgeschichte hat allerdings in aller Drastik vor Augen geführt, dass auch die von Marx noch als liberal-bürgerliche Selbstverständlichkeit angesehene politisch-rechtliche Emanzipation lediglich ein durch den Hegemonen gewährtes und damit ebenso fragiles wie reversibles Zugeständnis ist. Die im 20. Jahrhundert in Europa etablierten Diktaturen haben, insbesondere im Falle Deutschlands mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Mehrheitsgesellschaft, die den Juden eingeräumte Gleichstellung bis hin zur völligen Rechtlosigkeit zurückgenommen. Während die Sowjetunion zunächst gegen jüdische Institutionen und in den 1930er Jahre gegen Einzelpersonen als Juden vorging, zielte die schrittweise Entrechtung im nationalsozialistischen Deutschland auf deren vollständige Vernichtung. Dass es erst der Gründung eines ebenso rechtsstaatlich organisierten wie wehrhaften und eigenständigen Gemeinwesens bedurfte, um die zukünftige Unversehrtheit der Juden zu gewährleisten, hat die Aporien des bürgerliche Emanzipationsversprechens der europäischen Nationalstaaten bloßgelegt.
Jenseits dieses auf die gemeinverbindliche Ordnung des modernen Rechtsstaats zielenden Verständnisses hatte sich im Anschluss an Marx jedoch insbesondere innerhalb der Linken eine weitreichendere Interpretation des Emanzipationsbegriffs etabliert. Marx’ in Zur Judenfrage formulierter Gedanke, dass die menschliche Emanzipation erst dann vollbracht sei, wenn der Mensch seine eigenen Kräfte als gesellschaftliche erkannt und organisiert hat, er dadurch die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in der Gestalt der politischen von sich trennt, ermutigte Vordenker der frühen Arbeiterbewegung dazu, Emanzipation mit Revolution nahezu synonym zu verwenden.
Insofern die damit verbundenen Erlösungsversprechen weit über das Bestehende hinauswiesen, unter Berufung auf Marx den bürgerlichen Rechtsstaat gar zu sprengen wünschten, wurden ihre Urheber ein ums andere Mal von dessen Advokaten für wahnsinnig erklärt. Schon 1919 wurde Kurt Eisner, der ironischerweise in seiner Schrift Psychopathia spiritualis die anti-sozialistische Haltung Nietzsches unter Rückgriff auf dessen unterstellten Wahn kritisiert hatte, gemeinsam mit den Revolutionären der Münchner Räterepublik von Konservativen als fanatischer Psychopath diskreditiert, ehe er 1919 ermordet wurde. Indem politische GegnerInnen für irrsinnig und ihre Vorschläge für unvernünftig erklärt werden, neutralisiert man sie. Die Delegitimierung politischer Ideen und Ideale steht in der Tradition der Pathologisierung von Abweichung—beispielsweise der Homosexualität. Das Revolutionäre wird konsequenterweise mit dem Wahnsinn identifiziert. Spuren jener Gleichsetzung finden sich in der Internierung unliebsamer politischer Gegner vom Faschismus über Stalinismus und DDR bis in die Gegenwart, beispielsweise in Russland, Ägypten und China. Revolution ist also durch den Irrsinn markiert und das Utopische somit als eine Wahnvorstellung entlarvt, d.h. verboten zu denken.
Während die großen Revolutionen des vergangenen Jahrhunderts, ob in Russland, in China oder auf Kuba, einiges dafür taten, um den Begriff zu desavouieren, scheinen die gegenwärtigen Verhältnisse eine affirmative Bezugnahme auf den Umsturz aus entgegengesetzter Perspektive zu verstellen. Ökonomischer Fortschritt und weitgehende Rechtsstaatlichkeit lassen die unvorhersehbaren Konsequenzen eines gesamtgesellschaftlichen Umsturzes immer unattraktiver erscheinen. Wer sich unter diesen Umständen noch immer selbst als RevolutionärIn bezeichnet, tut dies zumeist, um ganz offen seine eigene Devianz zur Schau zu stellen. Stattdessen erlaubt Emanzipation Handlungsfähigkeit in nicht revolutionären Zeiten. Es klingt ein »auf dem Weg zu« mit, ohne dass konkretisiert werden müsste, was das Ziel ist. Sie ist das verlängerte Innehalten und Theoretisieren nach der Erhebung der 60er Jahre. Wenn aber bereits die 68er Bewegung sich uneinig war, welche Kämpfe zu priorisieren seien, so gilt dies für ihre ErbInnen umso mehr. Emanzipation in der Gegenwart entspricht eher einer Suchbewegung als einer Richtungsweisung. Je weiter der Umsturz des großen Ganzen in die Ferne rückt, desto vehementer erscheinen die Ersatzhandlungen, das Abarbeiten an sich selbst und an den GenossInnen. Statt auf den befreienden Umsturz der wertproduzierenden Gesellschaft hinzuarbeiten, richtet sich das als revolutionär verstandene Interesse auf etwas, dessen scheinbar alle habhaft werden können: das eigene Selbst. Lesekreis, Sportgruppe, Antisexismus-Argumentationstraining, Computer- und Medienkompetenz, Schreibwerkstatt, rassismuskritisch denken lernen, Dominanzverhalten-Seminar, Mediationstraining—die radikale Linke ist permanent auf Fortbildung, um aus sich den neuen Menschen herauszuschinden, den ihr die ausgebliebene Revolution vorenthalten hat. Die Politiken der radikalen Linken aber sind ihrerseits bestenfalls Kämpfe um Rechtsangleichung—entlang der vorgegebenen Koordinaten, nicht darüber hinaus.
Soweit, nicht aber weiter, das zeichnet Marek Winter in seinen Überlegungen zu Lohnarbeit, Emanzipation und Revolution nach, haben auch die drei großen Emanzipationsbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die ArbeiterInnen- und Frauenbewegung sowie die schwarze Emanzipationsbewegung, ihre Rechte erkämpft. Sie erreichten ihre Integration in die bürgerliche Gesellschaft, so der Autor, weil sie ökonomische und politische Stärke aus Arbeit und damit aus Teilhabe an den Arbeitskreisläufen gewonnen hatten.
Wie schwierig es indes ist, Freiräume gerade im Privaten einzufordern und aufrecht zu erhalten, das diskutieren tagediebin und Marlene Pardeller in Ein eigenes Zimmer hatte ich mal. Sie weisen darauf hin, dass der eigene Raum zum Nachdenken, Schreiben, künstlerisch Tätigsein oder für den Rückzug mit FreundInnen von Frauen in hetero- wie homosexuellen Konstellationen allzu leicht aufgegeben wird. Dabei, so die Autorinnen, habe es einst weibliche Vorbilder für die Souveränität über den eigenen Raum gegeben. Diese müssen reaktiviert und der Selbstverständlichkeit eines männlichen Arbeitszimmers—und damit des männlichen schaffenden Subjekts—entgegengesetzt werden.
Um die Erlangung von Souveränität und Subjektstatus muss es, so Steffen Stolzenberger in Schlechte Unendlichkeit, auch dem Refugee Support gehen. Selbst Teil einer queeren UnterstützerInnengruppe aus Hannover, kritisiert er den kulturalistischen Rassismus, der den queeren Aktionismus dominiert und das Reden über beispielsweise Antisemitismus verhindert, weil er Identitäten festschreibt, wo man von der Veränderbarkeit eines Menschen ausgehen müsste. Dabei würde genau damit der Opferstatus Geflüchteter festgeschrieben, während man ihre Emanzipation nur fördern könne, indem man sie als Individuen ernstnehmen und sich auf kritische Auseinandersetzungen mit ihnen einlassen würde.
Dass beispielsweise Religion selbst da, wo sie Staatsraison ist, keine feststehende Identität aller dort Lebender ist, veranschaulicht die Situation im Iran. Die Gruppe f_act aus Göttingen erinnert in ihrem Beitrag Den Shah loswerden und die Mullahs bekommen denn auch an die Revolutionen und Revolten seit 1979 im Iran, die es allesamt nicht vermocht haben, die Emanzipation der dort lebenden Menschen voranzutreiben, sondern vielmehr in ihr Gegenteil umschlugen. Auch Bini Adamczak erläutert im Interview mit der Phase 2, dass nicht jede Revolution automatisch links sei, dass sie aber emanzipatorisch sei, wenn sie in einem linksradikalen Sinne vorwärtsgewandt ist. Viel eher als ein umstürzlerisches Ereignis betont sie das Prozesshafte von Revolutionen. Dabei entwickelt sie einen Begriff von Emanzipation, der sich aus der Fernwirkung von 1968 oder den 1970er Jahren speist und in Abgrenzung vom autoritären Haupt- und Nebenwiderspruchsdenken steht. Demgegenüber steht eine euphorische Auffassung von Emanzipation in marxscher Tradition im Mittelpunkt des Beitrags Autonomie als emanzipatorisches Grundprinzip von Jan Hoff. Emanzipation ist hier gleichbedeutend mit befreiter Gesellschaft, ganz ähnlich der Revolution muss sie von der Umwälzung gesellschaftlicher Beziehungen und Verhältnisse begleitet sein.
Indes sind beide Begriffe in der Alltagssprache zu Worthülsen geworden. Zwar gilt der Linken nahezu alles als »emanzipatorisch«, aber Ähnliches gilt für die Revolution: Es gibt die grüne, sexuelle und friedliche Revolution. Es gibt das revolutionäre Projekt und eine revolutionäre Erkenntnis. Die Aufweichung der Begriffe kommt also aus zwei Richtungen. Vielleicht trifft man sich in der Mitte—dort wo ein Denken über die gegenwärtige Gesellschaft hinaus überhaupt keinen Raum mehr hat. Es ist wie in einer Unterwasserwelt. Alles klingt gleich, gedämpft, unverständlich, entschärft. Von dort an die Wasseroberfläche ist es noch ein weiter Weg.
Phase 2 Leipzig