Der schwarze Block von rechts und links
Der Verfassungsschutz Brandenburg lud am 24. Juni zur sogenannten Fachtagung »Autonome Extremisten – schwarze Blöcke rechts und links« nach Potsdam ein. Ausschließlich männliche »Experten« referierten vor 180 TeilnehmerInnen zum »Extremismus«-Begriff. Der Hamburger Verfassungsschützer Erwin Höwe sprach in seinem Vortrag von »Linksextremisten, die missionieren wollen« und in »Verletzungen von Nazis Erfolg und Motivation für ihren Kampf« erkennen. Und auch sonst entsprang der Tagung nur Geschwurbel. So wurde Antifaschismus von den Experten in einen »demokratischen« und in einen »linksextremistischen« Antifaschismus aufgedröselt und mit Oi-Punk-Videos von brandenburgischen Bands untermalt, die »A.C.A.B.« in die Kamera brüllen. Auch kam man zu der Erkenntnis, dass der »schwarze Block« als Aktionsform der »linken Autonomen« ausgedient hat. Mit »Out-of-Control«-Aktivitäten, Massenblockaden, Clowns-Army (mit »ernsten Absichten hinter den geschminkten Gesichtern«) und Ballett in Form von Flashmobs seien Linksextremisten gerade dabei, sich vom »Old-School-Modell« des Schwarzen Blocks wegzubewegen.
Und es hat BOOM gemacht...
... am 12. Juni in Berlin. Überschattet wurde die Demo unter dem Motto »Wir zahlen nicht für eure Krise« von einer Orgie der Gewalt durch linksextreme Rowdys. Nicht nur, wie üblich, Steine und Flaschen wurden auf die arglosen PolizistInnen am Straßenrand abgeladen, sondern auch eine Splitterbombe soll es gewesen sein. Gefüllt war sie mit allerlei Flitter wie Glasscherben und Nägeln. Laut der hierzulande populärsten Tagespostille wurden gar 15 PolizistInnen schwerst verletzt. Soweit zur urbanen Legende, daran weiter bauen wollen wir nicht.
Tatsächlich mussten zwei Polizisten im Krankenhaus behandelt werden, indes stellte sich heraus, dass es keine Splitter-, sondern eine Lärmbombe gewesen sein musste, in den Medien als »Polenböller« fachkundig betitelt. Sieben Demonstrierende wurden festgenommen, der Staatsschutz ermittelt mit Verdacht auf versuchten Totschlag.
Spaß gemacht...
... hat es am 19. Juni in Berlin wohl kurz nicht, als nämlich die Gendertheoretikerin schlechthin, Judith Butler, auf der Hauptbühne vor dem Brandenburger Tor den Zivilcouragepreis des Berliner CSD ablehnte.
Sie kritisierte den CSD als kommerzielle Veranstaltung einer weißen Mehrheit, die Rassismen nicht ablehne und hinterfrage, sondern verstärke und instrumentalisiere, um People of Colour als »›archaisch‹, ›patriarchal‹, ›homophob‹ und gewalttätig dar[zu]stellen« (http://de.indymedia.org/2010/06/284698.shtml). Hingegen werde der Mehrfachdiskriminierung von Schwulen, Lesben, Transmenschen und Queers mit migrantischem Hintergrund keine Relevanz beigemessen, und diese aus den homonationalen Kosmen der CSDs von Toronto bis Berlin ausgeschlossen. In der Stellungnahme der VeranstalterInnen des CSD Berlin heißt es, Frau Butler habe die Vorwürfe, die sie gegen den CSD erhebt, im Vorhinein leider in keiner Weise kommuniziert, was bedauerlicherweise darauf schließen lasse, dass sie schlecht und einseitig informiert gewesen sein müsse. Durch diese Unwissenheit habe sie dem Berliner CSD stellvertretend für andere Organisationen eine Ohrfeige verpasst, die aber kein Problem sei (http://www.csd-berlin.de), denn man freue sich darüber, »dass nach dem CSD heftigst über politische Aspekte von Homo- und Transphobie diskutiert wird«.
Für mehr Aufregung als die Benennung eines tatsächlich problematischen Themenfeldes innerhalb einer queeren und schwul-lesbischen Bewegung sorgte denn doch die Spesenabrechnung Judith Butlers, erdreistet sie sich doch, extra aus den USA einzufliegen und im Adlon zu nächtigen. Nach Aufklärung dieser selbstdarstellerischen Geste wurde verlangt. Die 1400 Euro Flugkosten werden auf Bitten Frau Butlers von ihr selbst getragen und den von ihr verlesenen und unterstützten Organisationen ausgehändigt.
Klick gemacht...
... hat es am 12. Juli bei der Veranstaltung »Gaza: Ein Augenzeugenbericht über den Angriff auf die Freedom-Flotille und die Blockade des Gaza-Streifens« des SDS Leipzig leider nicht. Dafür war der Auftakt der Veranstaltung recht romantisch, als die Titelmelodie aus Titanic erklang. Um nicht in einem Tränenmeer der Sentimentalität weg zu schwimmen, wurden von einigen Anwesenden Konfettibomben gleich hinterher geworfen. Die Party ging auch tumultartig weiter und hangelte sich von Höhepunkt zu Höhepunkt. Der Vortrag Inge Högers war leider keiner, ihr Augenzeugenbericht eher ein Ohrenzeugenbericht und überhaupt, die Aussagen sehr dünn. Ihren vermeintlichen Augenzeugenbericht begann sie mit der Staatsgründung Israels 1948 und dessen Missetaten seitdem. In reißerischer Manier schilderte sie dann endlich auch irgendwann, was ihr zugetragen wurde von der Enterung der Mavi Marmara, von Tod und Verderben, von fiesen SoldatInnen und verwehrten Toilettengängen. Sie könne nun nachvollziehen, wie sich AsylbewerberInnen in Deutschland fühlten, denn nun habe sie dasselbe Elend durchgemacht. Indes folgte ein Handgemenge dem nächsten, Applaus wurde gespendet, Buhs ausgerufen und Drohungen ausgesprochen. Zwei Personen wurden des Saales verwiesen, eine davon sogar freundlicherweise rausgetragen. Die Polizeipräsenz war von Anfang an stark und seitens des SDS ein vielfach verwendetes Druckmittel. Ein passenderes Ende hätte es auch im Popcornkino nicht gegeben, als eine Gruppe junger Männer mit kettenbewehrten Fäusten den Saal stürmen wollte, um die, Zitat, »Scheiß-Juden« zu verhauen.
Das »Eva-Prinzip«...
... beim Kopp-Verlag. Der Verlag, der mittlerweile dabei ist als Bindeglied zwischen Rassismus, Revisionismus, kruden Verschwörungstheorien, Esoterik und Querfront zu fungieren, war eigentlich immer ein biederer Verlag für pseudowissenschaftliche Themenkomplexe der Esoterik mit Aushängeschild Erich von Däniken. Inzwischen tummeln sich dort aber einschlägige und eindeutige Bücher, von AutorInnen wie dem Holocaustleugner Jan Udo Holey (Jan van Helsing) oder Robert L. Brock (Freispruch für Deutschland). Eben hier fungiert Eva Hermann als Nachrichtensprecherin in Tagesschau-Ästhetik (»Nachrichten, die Ihnen die Augen öffnen«), und als Autorin von Artikeln. So äußerte sie sich zu Ereignissen wie der Massenpanik bei der Duisburger Love-Parade (»Sodom und Gomorrah«) und zum Rauswurf des katholischen Skandal-Bischofs Walter Mixa (»Daniel Cohn-Bendit ist immer noch da«). Auf der täglich durch mehrere Artikel aktualisierten Internetseite des KOPP-Verlages (info.kopp-verlag.de) findet man noch allerhand andere krude Artikel zum Alltag der Politik und des Weltgeschehens. Besser als Portale wie Altermedia ist auch der KOPP-Verlag nicht, wird hier doch schließlich die gleiche Hetze verbreitet.