Darum Israel
Es gibt sie also doch noch: Die unverbesserlichen Antiimps, das Feindbild der Antideutschen schlechthin. Sie tauchen also nicht nur in antideutschen Texten auf, um schön auf die vermeintliche Linke abkotzen zu können, sondern treten leider immer wieder mal in ihrem Wahn in Erscheinung. Besonders dreist und erschreckend am 25. Oktober in Hamburg. Dort wollte die Gruppe Kritikmaximierung im Programmkino b-movie den Film »Warum Israel« des Regisseurs Claude Lanzmann zeigen, seine Reflexion auf den jungen jüdischen Staat, des Zufluchtsortes vor dem weltweiten Antisemitismus. Das internationalistische Zentrum B5, das sich im Vorderhaus des b-movie befindet, sah sich dadurch wohl angegriffen. Die »Sozialistischen Linken (SoL)« und die »Tierrechts-Aktion Nord (TAN)« drohten den VeranstalterInnen bereits im Vorfeld. »Sie haben das offenbar als Provokation empfunden, dass ein Film mit dem Wort »Israel« im Titel in »ihrem« Hinterhof gezeigt werden sollte.« mutmaßten diese nachher in der Jungle World.
An die 30 Antiimps blockierten schließlich die Toreinfahrt zum Kino, indem sie mit schwarzen Holzmaschinengewehren und Bundeswehrjacken mit aufgeklebten Israelfahnen »israelischer Checkpoint« spielten. Das Kinopublikum wurde bedroht, gefilmt und abfotografiert. Es kam auch zu körperlichen Auseinandersetzungen und Beschimpfungen wie »Judenschweine«, »Nazis raus« und »Schwuchteln«, sodass sich die VeranstalterInnen gezwungen sahen, die Vorführung abzusagen. Da erübrigt sich doch die Frage Warum Israel?
Feste nicht feiern, wie sie fallen
Im Oktober und November wurden vor allem in Leipzig und Berlin traditionelle Anlässe aufgegriffen, um nicht zu feiern. In Leipzig konstatierten am 10. Oktober 2009 immerhin etwa 1300 DemoteilnehmerInnen recht nüchtern: »Still not Lovin' Germany« und artikulierten so die einzig vernünftige Antwort auf den Stand des gesellschaftlichen Elends. Zu den aufrufenden Gruppen gehörten unter anderem der Antifaschistischer Frauenblock Leipzig (AFBL), die Initiative gegen jeden Extremismusbegriff (INEX) und die Leipziger Antifa (LeA).
Das …ums-Ganze-Bündnis gab sich am 7. November 2009 in Berlin etwas zukunftsgewandter und mobilisierte unter dem Motto »Es gibt kein Ende der Geschichte – Gegen die Herrschaft der falschen Freiheit«. Hier kamen um die 2000 Leute. Im Umfeld wurden auf verschiedenen Veranstaltungen in Berlin und Leipzig die Fragen diskutiert, mit denen sich eine antideutsche und/oder antikapitalistische Linke angesichts deutscher Daten herumschlagen muss: Soll die Kritik vor allem deutsche Zustände attackieren oder doch mehr die kapitalistischen? INEX sagt ersteres, TOP Berlin von …ums Ganze! findet dagegen eher Staat, Nation und Kapital in aufsteigender Reihenfolge Scheiße. Und natürlich ist diese Darstellung so verkürzt, dass es ein Glück ist, dass die meisten Aufrufe und Redebeiträge sich auch im Internet finden. Z.B. bei umsganze.de und antide2009.blogsport.de.
Nazis. Teil I
Schön, wenn Nazis sich gegenseitig platt machen. Doof, wenn die Antifa dadurch immer noch zu tun hat und es für sie gefährlich wird. Am 4. Oktober gab es einen Überfall mit Molotowcocktails auf die Nazikneipe »Zum Henker« (da gehören sie ja auch hin...) in Berlin-Treptow. Als die Gäste rausrannten, um die Angreifer zu stellen, wurde ein Neonazi von einem Auto vorsätzlich überrollt und lebensgefährlich verletzt. Den Angriff schoben die Nazis »Linksextremen« in die Schuhe und demonstrierten am 10. Oktober in Berlin gegen »linke Gewalt«.
Schließlich stellte sich heraus, dass es sich gar nicht um einen linken Angriff gehandelt hatte, sondern um eine Racheaktion ehemaliger Kneipengäste. Ende September waren sie in der Kneipe in eine Schlägerei geraten und hatten seitdem Hausverbot. Das störte die Nazis jedoch nicht sonderlich in ihrem Wahn. Der Angriff wurde gezielt genutzt um die Feindschaft gegen vermeintliche Linke und Antifas zu verstärken und diente auch für den Aufmarsch am 17. Oktober in Leipzig als Vorwand. Auf den Demos, so auch in Halle am 7. November, verlasen sie u.a. auch Namen und Adressen von Antifas, was angesichts der aufgeheizten Stimmung unter den Nazis so etwas wie einem direkten Angriffsaufruf gleichkommt. In Halle liegt die Hemmschwelle zwischen verbaler und praktischer Bedrohung offensichtlich sehr niedrig. In der Nacht zum 9. November brannte dort das Auto eines antifaschistisch engagierten Mitarbeiters des Vereins Miteinander e.V. vollständig aus. Er wurde u.a. im Umfeld der Demonstration der Jungen Nationaldemokraten (JN) und auf verschiedenen Webseiten massiv bedroht. Ein technischer Defekt kann ausgeschlossen werden. Der Verein und die Hallenser Antifa geht von einem Nazi-Anschlag aus.
Nazis. Teil II
Wieder mal auf dem rechten Auge blind war auch die Polizei bei einem Überfall auf Fans und Spieler des Roten Stern Leipzig (RSL). Bei einem Auswärtsspiel in Brandis bei Leipzig am 24. Oktober griffen ca. 50 Nazis die RSL-AnhängerInnen mit Eisenstangen, Steinen und Holzlatten bewaffnet an und verletzten mehrere Personen, einige davon schwer. Auch einer der eingesetzten Ordner beteiligte sich an dem Angriff. Die Fans und Spieler des Roten Stern verteidigten sich schließlich selbst und konnten die Nazis aus dem Stadion treiben.
Obwohl bereits im Vorfeld davon ausgegangen wurde, dass Nazis einen Überfall planten, taten die Polizei und der Verein in Brandis nichts um diesen zu verhindern. Die Polizei vor Ort war von dem Überfall überfordert und die zusätzlich angeforderten Beamten trafen erst nach einer halben Stunde ein. An dem Angriff waren einige bekannte Nazigrößen beteiligt, was ebenso für eine geplante Aktion spricht.
Kriminelle Gruppe
Über die Wirksamkeit der antimilitaristischen Aktionen und die ideologische Ausrichtung, der »militanten gruppe« (mg) mag man sich vielleicht streiten, aber das Verfahren gegen die vermeintlichen Mitglieder dieser »terroristischen Vereinigung« kann eineN nur in der Kritik an diesem Staat und seiner Justiz bestärken. Die Verfahrens-Farce hatte nun am 16. Oktober in Berlin ein vorläufiges Ende. Die drei Angeklagten Axel, Oliver und Florian wurden zu 3 bis 3,5 Jahren Haft verurteilt mit dem Vorwurf, als Mitglieder der mg an einer versuchten Brandstiftung an Bundeswehrfahrzeugen beteiligt gewesen zu sein. Ihre Anwälte wollen in Revision gehen, da im mündlichen Urteil des Gerichts nahezu nichts zu den Strukturen und der personellen Zusammensetzung der mg gesagt wurde und keine stichhaltigen Belege für eine Mitgliedschaft geliefert wurden, obwohl die drei deswegen verurteilt wurden. Im Herbst 2007 war die mg vom Bundesgerichtshof bereits von einer »terroristischen« zu einer »kriminellen Vereinigung« zurückgestuft worden. Politische Beweggründe für die vermeintlichen Taten der mg sah der zuständige Richter keine. Dass es sich bei politischen Gruppierungen um kriminelle Vereine handelt, könnte man jedoch eher – ohne generell über »die da oben« schimpfen zu wollen« – über einige PolitikerInnen und Parteifraktionen sagen. So sei z.B. erinnert an den Berliner Bankenskandal, verursacht durch die Immobilienmafia aus CDU und SPD um Klaus-Rüdiger Landowsky. Immerhin lohnt sich da die Kriminalität.
Stay queer and rebel
Der queere Wagenplatz Schwarzer Kanal in Berlin ist ab Silvester akut von Räumung bedroht. Am 31. Dezember 2009 läuft der Vertrag aus. Dann soll das wunderschön zwischen Industrieruinen und Spree gelegene Wohn- und Kulturprojekt weiteren langweiligen und unnötigen Bürogebäuden weichen. Das Immobilienkapital muss sich ja irgendwie verwerten und reserviert dafür die schönsten Plätze. Der Schwarze Kanal liegt mitten im »Media Spree« Gebiet und der hippen Gentrifizierungszone zwischen Kreuzberg und Berlin-Mitte.
Das Gelände braucht die Eigentümerin Hoch Tief für ihre Baulogistik für das Nachbargrundstück. Auf diesem soll laut den Auflagen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben so schnell wie möglich mit der Bebauung begonnen werden. Lange wird es dann wohl nicht mehr queere Filmfestivals, Partys und sonstiges »queer and rebel« Leben dort geben. Dennoch hoffen wir: »Schwarzer Kanal bleibt!«. Und dafür können wir ja auch etwas tun.
Mehr Infos unter:
~Phase 2 Berlin.