Editorial

Der Satz ist im Allgemeinen weniger eine Analyse als eine Drohung. Ist das Schreckensbild von Deutschland im Rückwärtsgang erst einmal ausgemalt, folgt die Forderung einer Reform. Mit diesem Euphemismus meint man nicht die schrittweise Bewegung zur Verbesserung eines sozialen Zustandes, sondern das Gegenteil, nur schneller und mit Maulhalten.

In D-Land findet dies eine Mehrheit nicht dramatisch. Besondere Zeiten fordern besondere Maßnahmen. Die Zeit für politische Grabenkämpfe ist vorbei. Die Gewerkschaften spielen sich ein bisscehn selbst, fallen in der Regel nach und nach um. Oskar, Pautsprecher von Attac, hat nichts zu sagen, tut es aber trotzdem. Denken für Deutschland, sei das Credo der Stunde. Von Rabatz keine Spur. Woanders stehen ab und an noch Räder still. Selbst ganz woanders, bei den Äsis, findet man zum Streik. Mit Sicherheit schämen sich die Kollegen dort. Zum besseren Einlenken haben sie auf Forderungen verzichtet. Das wirklich Schlimme an der Situation – man muss sich freuen, dass im D-Land-Normalfall die Ankündigung eines Streiks auch schon sein Nicht-Stattfinden ankündigt. Warum die Prestapathie, wenn es um nationale Antworten auf die soziale Frage geht, auch was Gutes hat, müssen die Beiträge des Heftes klären. In der Hausmitteilung ist dieser Fakt auf uns anzuwenden. Bekanntlich steckt auch die Phase2-Redaktion in einem Einnahmeloch. Die mittlerweile serienmäßig umfangreicher gewordenen Ausgaben fordern höhere Druckkosten. Zudem wirft der Schuldenberg, der sich aus Verlusten durch säumige Phase 2-BezieherInnen und den doppelt angefallenen Kosten aufgrund der staatlich beschlagnahmten Ausgabe zusammensetzt, drohende Schatten. Das Redaktionsklima ist in Gefahr. Auch wir bei Phase 2 haben einen »Eisernen Hans«. Aber von wegen Charme einer »bebrillten Büroklammer« (BILD über SPD-Hans). Schon eher »Nervensäge«. Bei jedem Redaktionstreffen wollen wir nach vorne weisende Themen diskutieren. Eisenhans bringt  den Punkt Finanzen ins Rennen. Alle wollen den schieben. Eisenhans verbindet  die Priorität der Behandlung mit der Vertrauensfrage. Alle hassen seinen Aufgabenbereich, also geben wir nach, reden gelangweilt darüber, machen zwanghaft realitätsferne Vorschläge. Die Chance, durch geschickte fiktionale Finanztransaktionen der Druckerei einen positiven Saldo zu simulieren, wird verworfen. Eisenhans kennt keine Gnade und spricht es aus: Preiserhöhung! Ab der nächsten Ausgabe 4 € pro Heft, um halbwegs kostendeckend produzieren zu können. Die Diskussion war kurz, der Widerstand lächerlich. Nur der Ostflügel der Redaktion spekulierte darauf, mit 3.99 € die KonsumentInnen verarschen zu können und offenbarte mit dem Vorschlag dieses billigen Psychotricks einmal mehr sein Postwendetrauma. Die Preiserhöhung ist beschlossen. Die Schuldfrage verkürzt, nichtsdestotrotz für die Mehrheit der Redaktion zufriedenstellend personalisiert. Proteste hoffentlich nicht gerade hier und jetzt zu erwarten. Entgegen unserer Grundüberzeugung, dass die Sache auf dem Platz zu klären ist, fordern wir, allerdings notgedrungen:

Reclaim the library or send your protest to the Petitionsausschuss!