Dysharmonie im revolutionären Anstand

Es Bedarf einer Kritik von Staat, Arbeit und Politik um einen linksradikalen Antikapitalismus zu reanimieren und nicht eines Revolutionären Antifaschismus der erst einmal ordentlich kämpft, bevor er sich die Frage des »Warum eigentlich?« stellt.
 

»Once you put your hand into the flame you can never be the same« Madonna

Der nette Herr AK MAX will die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen und überreicht ihnen einen großen Sack voll mit nichts.

Mit Euphorie will sich der AK MAX den realen Problemen der Menschen annehmen. Als geeignetes Mittel für seinen Zweck hat er die Politik und den revolutionären Antifaschismus erkannt. Ohne zynisch zu sein ein ehrbares Anliegen. Dieses Vorgehen wirft jedoch zwei Fragen auf:
 

1. Ist die Politik geeignet den Menschen mit Ihren Problemen zu helfen?

Um diese Frage gescheit beantworten zu können muß man sich einen Begriff der Politik machen. Die Politik ist die Vermittlungsform von Konflikten innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft. In ihr werden die Konflikte öffentlich verhandelt und unter Berücksichtigung der bestehenden Mehrheiten und Machtverhältnisse entschieden. Die bürgerliche Gesellschaft selbst ist in der Politik keine Verhandlungsmasse, weil sie der Politik als Grundlage vorausgesetzt ist. Da die meisten Menschen nur untertänig von ihrem freien Willen Gebrauch machen, sind viele ihrer ernsthaften Probleme mit Hilfe der Politik lösbar. Abhängig von den Problemen die sie haben, können diese innerhalb der Politik gelöst werden. Diese Sorte von Problemen können bessere Schulen, höheres Bafög, besserer Kündigungsschutz, stärkere Unfallhilfe sein. Wenn in der Politik diese Entscheidungen durchgesetzt sind, haben eine große Gruppen von Menschen einen objektiven Vorteil. Wenn der AK MAX nicht nur drüber stehen möchte und die Probleme ernst nehmen will bleibt unverständlich, warum er dieses nicht bei der SPD oder den Gewerkschaften macht, damit die Menschen auch einen Hauch von Chance haben, das sich an ihrer Nachteiligen Situation etwas ändert. Die Menschen mit diesen Problemen an die radikale Linke mit ihrer fehlenden Einflußmöglichkeit zu verweisen, schafft ihnen nur zusätzliche Probleme und verspricht nicht sich in einen objektiven Vorteil zu verwandeln.
Wenn die Probleme allgemeinerer Natur sind, wie zum Beispiel die Erpressung zur Arbeit oder der ständige Mangel an Allerlei, so ist dieses Problem mit der Politik nicht zu lösen, weil diese Probleme Bestandteil der bestehenden Geschäftsordnung sind. Es bedarf hier einer Sache die über die Politik hinausgeht und die bestehende Geschäftsordnung insgesamt verhandelt.
Das Verhältnis der radikalen Linken zur Politik ist so gleichzeitig weniger und mehr als Politik. Weniger als Politik, in dem Sinne das die Aktivität nicht auf konkretes Verändern abzielt und mehr als Politik in dem Sinne das sie die Grundlagen der Politik hinwegfegen möchte.
Wenn linksradikale Minderheiten Politik als sinnvolles Beschäftigungsfeld ansehen, müssen sie vorher eine affirmative Hinwendung zur Meinungsfreiheit gemacht haben. Dem gesellschaftlichen Feld, wo erst mal jeder folgenlos agieren kann. Eine mögliche gesellschaftliche Bedeutungserlangung ist nicht mehr als Möglichkeit mitgedacht und muß deswegen nicht berücksichtigt werden.
»Der kleine Ivo Bozic meldet sich bitte an Kasse sieben und läßt sich das mit der Politik noch einmal erklären.«
 

2. Ist der revolutionäre Antifaschismus geeignet den Menschen mit ihren Problemen zu helfen?

Rassismus, Antisemitismus und Neonazis sind klassische Betätigungsfelder des Antifaschismus in nicht faschistischen Zeiten. Es bedarf dabei keiner Revolution um Probleme der Menschen mit Rassismus und Antisemitismus zu begegnen. Es bedarf dabei ebenfalls keiner Revolution um Neonazis in ihre Schranken zu weisen. Der revolutionäre Antifaschismus ist ein Mittel, um aus konkreten lösbaren Problemen etwas zu machen, welches grundsätzlicher Opposition bedarf. Durch solch ein Konzept werden die Probleme nicht weniger und ein größeres Verständnis von ihnen wird auch niemanden zu Teil. Wenn man sich Lösung von Problemen wie herumtreibenden Neonazis zur eigenen Sache macht, muß man kein rechtstreuer Bürger sein um Erfolg zu haben, aber Ideologisierung ist der Sache ebenfalls nicht dienlich. Zu sagen etwas sei potentiell faschistisch ist kein gutes Argument gegen eine Sache. Das potentielle Problem, welches eventuell uns in der Zukunft ereilen wird, verdrängt nur die Kritik der bestehenden Probleme. Das übel der Sache selbst ist das bessere Argument gegen die Sache, als die Potenz die die Sache noch entfalten könnte.
Es bedarf keiner Politik um das richtige zu aktuellen Themen zu sagen. Es bedarf lediglich eines Wissens über die besonderen und allgemeinen Ereignisse der bürgerlichen Gesellschaft. Aktuelle Themen aufzugreifen, um allgemeine Sachverhalte zu klären ist ein sinnvolles Konzept. Eines Umweges über die Geschichte, den Faschismus oder sonstwas bedarf es dabei meistens nicht.
Die Organisierung der radikalen Linken ist ein geeignetes Mittel um die richtige Kritik des falschen Ganzen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Der Zweck ist aber nicht die Organisierung selbst, sondern die Kritik. Deshalb ist es notwendig vor dem erneuten Versuch der Organisierung sich auf ein Verständnis bürgerlicher Gesellschaft und der radikalen Kritik daran zu einigen. Bei der AA/BO war dies nicht der Fall. Es kann in Zukunft nicht darum gehen eine übergreifende linke Organisierung zu schaffen, die keinen formulierten Grundkonsens hat, auf dem sie agiert. Sonst ergibt man sich immer währenden Vorherrschaftskämpfen, welche Fraktion der Organisation nun den Ton angibt oder betreibt kopflosen Aktionismus.
 

Zur Diskussion hier banale Thesen um den Kern des Geschehens (keine ist originell und keine ist neu):

1. Der Zweck der kapitalistischen Ökonomie ist die Wertschaffung durch Warenproduktion. Der überschüssige Wert muß ständig in die Produktion einfließen und sie modernisieren um die zukünftige Wertproduktion gewinnbringend zu garantieren. Die Menschen sind Mittel und nicht Zweck dieser Produktion.

2. Auf dem Gebiet der Warenproduktion konkurrieren unterschiedlichste Unternehmen, wobei der Schaden des Konkurrenten häufig der eigene Vorteil ist. Ihre Produkte bringen sie auf dem Markt um dabei möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Hierin sind sich die Unternehmen gleich, unabhängig davon ob sie Biohühner oder Nuklearsprengköpfe produzieren.

3. Um die Konkurrenz und den Besitz zu gewährleisten Bedarf es einer übergeordneten Gewalt, die die Produzenten auf Einhaltung der Spielregeln festlegen kann. Die Gewalt, die als Staat auftritt ist nicht an die Interessen des einzelnen Unternehmens gekoppelt, sondern an die Aufrechterhaltung der Spielregeln unter denen die Produktion stattfindet.

4. Die Spielregeln die vom Staat durchgesetzt werden heißen Recht und sind gleich. Gleich bedeutet, daß sie für alle Bürger der Gesellschaft gleichermaßen zwingend einzuhalten sind.

5. Die staatliche Gewalt findet in Polizei, Justiz und Gefängnissen ihre Form. Dieses sind die Agenturen zur Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung. Sie dienen dem Recht.

6. Da die Menschen von dem Produkt welches sie produzieren primär ausgeschlossen werden sind sie gezwungen Geld zu erwerben. Geld erwirbt man in dieser Gesellschaft durch Arbeit. Es liegt im Interesse der Menschen zu arbeiten, weil sie sonst kein Geld haben.

7. Die Entscheidung über die Festlegung und Veränderung der Spielregeln wird von gewählten Repräsentanten durchgeführt. Die Repräsentanten werden von den Staatsbürgern gewählt. Sie wählen bestimmte Repräsentanten, weil diese ihre Interesse in der Öffentlichkeit vertreten.

8. Nationalismus ist die Einschwörung der Bürger auf ihren Staat. Der Nationalist verspricht sich vom Vorteil seines Staates einen persönlichen Vorteil.

9. Die Staaten konkurrieren untereinander und in Bündnissen um etwas für das Wohle des Staates zu erreichen. Mittel dieser Konkurrenz sind Handel, Diplomatie und Krieg. Die Staaten verpflichten sich bei dieser Konkurrenz
bestimmten ethischen Prinzipien, die nennen sie Menschenrecht oder Völkerrecht. Von Recht läßt sich aber kaum sprechen, da es keine übergeordnete Gewalt gibt bei der man dieses Einklagen kann.

10. Menschen die keine Staatsbürger sind, werden nur geduldet wenn sie nützlich sind. Diese Nützlichkeit kann sich ausweisen in bestimmten Berufskenntnissen oder in politischer Verfolgung die dazu genützt werden kann um den staatlichen Konkurrenten auf dem internationalen Parkett zu dissen.

Die Methode der linksradikalen Gesellschaftskritik ist zu sagen was los ist. Welche Zwecke Geltung erlangen und wer daran welchen Schaden erleidet. Dieses hat nichts mit Patriarchat, Hühnerkäfighaltung und Gleichen Rechten für alle zu tun. Es ist nicht anzunehmen das mit dieser Sicht auf die Dinge ein besonders ausgefeilte Verantwortung für die Deutsche Geschichte übernommen wird. Die Frage ob die Kritik des Staates und der Arbeit in ihrer Aufhebung nur eine neue Form von Kapitalismus produziert ist dieser Sichtweise herzlich egal. Der Polizeistaat und die Manipulation finden nicht statt. Korruptionsvorwürfe und Steine schmeißen sind keine radikale Kritik. Und was ist daran neu? Natürlich nichts!
 

»Cause people like disco
& People like house
That's why they don't applause
When I´m banging on my bongo« Mano Negra


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