Die Europäisierung der deutschen Geschichte

Zum Schwerpunkt dieser Ausgabe

Wenn in New York das Licht ausgeht, dann geht den Deutschen eins auf. Endlich, und ganz ohne Wunderwaffe, zeigt sich eine Schwäche des Konkurrenten. Dass der »Spiegel« die »Weltmacht ohne Strom« zur Titelstory aufbauschte, beruhte weniger auf den Anforderungen des Nachrichtenjournalismus. Die Blattmacher ließen sich wohl eher vom »Prinzip Hoffnung« leiten. In Hamburg sah man das »Nervenzentrum der Vereinigten Staaten« getroffen und glaubte, die »Verwundbarkeit der selbstbewussten Weltmacht« entlarvt. Im Jargon der Kriegsberichterstattung spiegelte sich der Unmut über eine Weltordnung, in der man selber nur an zweiter Stelle das Sagen hat. So lange die zur Aufholjagd trommelnde Nation nur die deutlich kleineren Knüppel schwingen kann, sind die Missgeschicke des Gegners Balsam für die deutsche Seele. Wenn die Schwierigkeiten der USA, im Irak stabile Verhältnisse zu gewährleisten, beurteilt werden, spürt man die gar nicht so heimliche Freude. Aus diesem oder jenem Zeitungskommentar lässt sich der Wunsch nach einem zweiten Vietnam herauslesen.(1)

Eigentlich würde man aber lieber andere, eher selbstgemachte Siegesmeldungen feiern. Mit unbeirrbarer Zielstrebigkeit wird deshalb in Deutschland das Projekt einer europäischen Gegenmacht vorangetrieben.
 

Europa braucht Geschichte

Wenn zum Wohle Deutschlands die Welt am europäischen Wesen genesen soll, dann ist Antiamerikanismus ein Element, welches die Zustimmung breiter Bevölkerungskreise in Deutschland und anderswo zum Kerneuropaprojekt möglich macht. Und trotzdem eine etwas dünne Grundlage für die Mixtur, die dafür sorgen soll, dass in der Konkurrenz der Blöcke die BürgerInnen mit Herz und Verstand loyal auch zu einer europäisch transformierten Staatlichkeit stehen. Für die Annahme einer europäischen Identität böte auch ein europäischer Verfassungspatriotismus zu wenig Substanz, meinte einer ihrer Erfinder, der Vorzeigephilosoph Jürgen Habermas. Als echter Uni-Streber hatte er die Lösung des Problems auch schon in petto. Europa bräuchte mehr Einsicht in seine gemeinsame Geschichte, die es von den anderen, mit weniger glorreicher Vergangenheit ausgestatteten, Nationen positiv abheben würde. In seiner ersten Lektionen erinnerte der philosophische Politikberater die ehemaligen Kolonialmächte samt ihren postfaschistischen und postnationalsozialistischen Monstern daran, dass sie nicht nur die BegründerInnen, sondern auch ursprünglichsten BewahrerInnen von bürgerlich-urbanen Lebensformen, Demokratie und Menschenrechten seien. Doch weil ihm die stolze Erinnerung an römisches Recht und Code Napoléon immer noch zu wenig dünkte, um dafür Mc Donalds aus Paris und die Amis aus Bagdad zu werfen, erklärte er auch den Holocaust zur europäischen Erfahrung. Statt Kritik gab es Lobhudelei oder stillschweigende Akzeptanz. Es war ein Vorstoß, mit dem man sich in Deutschland als Lieblingsschlauberger sehen lassen kann. Er reiht sich in die auf vielen thematischen Feldern vollzogene Geschichtspolitik ein, welche die deutschen Verbrechen über einen europäischen Blickwinkel entwirklicht und relativiert. Der Nutzen dieser Umdeutung ist ein mehrfacher. Indem die deutsche Schuld in einem pluralistischen Erinnern aufgeht und die historischen Ursachen für die Verbrechen des Nationalsozialismus in einer europäischen Leidensgeschichte verschwimmen, wird eine positive Bezugnahme auf die Vergangenheit möglich. Über die Geschichte des deutschen Volkes, die nun als eine Opfergeschichte unter vielen erscheint, lässt sich ungebrochener nationale Gemeinschaft stiften. Habermas’ Versuch zeigt aber auch, dass die geschichtspolitische Umdeutung das Vehikel für eine modernisierte europäische Kollektividentität werden kann. Der zentrale Mehrwert, den der deutsche Neorevisionismus abwirft, besteht unabhängig davon, ob er der traditionellen oder modernisierten Selbstvergewisserung der Nation dient: Aus der Verbrechensgeschichte der Deutschen sollen sich für alle Ewigkeit nicht mehr politische Beschränkungen, stattdessen aber Normalität und moralisch besonders legitimierte Interventionsbefugnisse ableiten lassen.

Das Habermasche Konzept steht zwar für die neue deutsche Dreistigkeit, ist an sich aber Teil einer sich schon länger abzeichnenden geschichtspolitischen Entwicklung. Spätestens seit dem Jugoslawienkrieg ist deutlich geworden, wie die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus für deutsche Interessenpolitik benutzt wird. Das Ausmaß allerdings, mit dem heute die Umdeutung der Erinnerung betrieben wird, ist neu. Mit der Art der Thematisierungen von Bombenkrieg und deutschen Flüchtlingsschicksalen werden die Täter/Opfer-Grenzen endgültig verwischt und die, nur unter dem Zwang der Alliierten vollzogene, Reeducation verkauft man als erfolgreichen Lernprozess, der den GegnerInnen von damals und heute unter die Nase gerieben wird.

 

Der große Sprung

Dies sind aktuelle Belege dafür, dass sich neben Wirtschaftswunder, Wertarbeit und Wiedervereinigung ein weiteres deutsches Markenzeichen etabliert: Deutsche Geschichtspolitik. Mit ihrer Hilfe schaffte man in nicht einmal sechzig Jahren den großen Sprung. Vom Verlierer, der sich trotzig in die Niederlage fügte und aus dem Zwang zur Selbstbeschränkung das Recht auf Beschweigen und Erinnerungsabwehr ableitete, hin zur auferstandenen Großmacht, die aus der auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Geschichtsbetrachtung die höheren moralischen Werte für sich in Anspruch nimmt. Es ist leider eine deutsche Erfolgsgeschichte, mit der sich im Schwerpunkt der aktuellen Phase 2 auseinandergesetzt wird.

Der Text von Phase 2-Leipzig analysiert die Optimierung des Produktes. German Gedächtnis, das heißt die Wandlung von der Verleugnungs- zur Erinnerungsgemeinschaft. Statt traditioneller Erinnerungsabwehr, wie sie in den Schlussstrichdebatten bis heute sichtbar wird, entwickelte sich ein modernisiertes und bei weitem nützlicheres Modell deutscher Geschichtspolitik. Durch pluralistisches Gedenken werden die Opfer des Holocaust mit Vertriebenen und den deutschen Toten des Zweiten Weltkrieges in eine Reihe gestellt. Indem man die Verbrechen des NS nicht beschweigt, sondern sie den Folgen für die TäterInnen strukturell gleichmacht, wird der deutsche Opfermythos zu einem akzeptablen Muster nationaler Identifikation.

Dass die kollektive Selbstversicherung auf einer Geschichtssicht aufbaut, welche die Folgeerscheinungen des Nationalsozialismus für die Deutschen selber in den Vordergrund rückt, wird vom Historiker Dan Diner bestätigt. Für den Leiter des Leipziger Simon Dubnow-Institutes, der sich schon lange gegen die gleichmachende Einordnung des Holocaust in eine universalistische Verbrechensgeschichte wendet, ist die Tendenz der Enthistorisierung und »Anthropologisierung des Leidens«, in deren Zusammenhang die Ursachen der Ereignisse verdrängt werden, augenscheinlich. Seine kritische Haltung gegenüber europäischen Einigungsvorstellungen, die analog zur deutschen Nationalstaatsgründung auf einer politischen Feindkonstitution bauen und darüber hinaus kollektiven Zusammenhalt über eine »Kerneuropäisierung des Shoahgedächtnisses« hervorzurufen versuchen, kommt allerdings nicht ohne ein Zugeständnis an den geschichtsrevisionistischen Zeitgeist aus. Dass die tschechischen Maßnahmen gegen die Sudetendeutschen nicht ein Gebot politischer Vernunft, sondern ein nachholender Antifaschismus gewesen seien, getrieben von einem nationalen schlechten Gewissen, welches sich einer stillschweigenden Kollaboration mit den deutschen Besatzern bewusst, nun im antideutschen Aktionismus niederschlug, ist eine Argumentation, mit der im Gegensatz zu Phase 2 vor allem Landsmannschaften etwas anzufangen wissen.

Instanzen der Nation

Die neudeutsche Kontextualisierung der Geschichte hinterlässt Eckpunkte einer neorevisionistischen Historiographie, die auf Jahre hinweg das gesellschaftlich opportune Bild der Vergangenheit zu prägen drohen und darüber hinaus als Legitimationsbausteine für deutsche Interventionspolitik dienen können. Schon jetzt wird die geschichtspolitische Offensive von einem umfassenden intellektuellen Konsens getragen. Kritische Einwände, wie die von Diner bleiben weitgehend ungehört. Die Nation hält sich andere moralische Instanzen. Im Beitrag von Alexander Reutlinger und Christoph Schaub wird beschrieben, wie deutsche Literaten aus der »Gruppe 47« kontinuierlich die »Entleerung des Opferbegriffs« betrieben. Indem sie die Verantwortung für den Nationalsozialismus personalisierten Eliten überschrieben und von einer mitfühlenden Hinwendung zu den konkreten Kriegserfahrung der deutschen Bevölkerung abgrenzten, schufen sie Voraussetzungen für deutsche Normalitätsdiskurse. Wenn heute der Protagonist eines Vertriebenenzentrums, Peter Glotz, im FAZ-Feuilleton von »Hitlers Rassismus, Hitlers Antisemitismus, Hitlers Angriffskrieg« spricht, wenn Jörg Friedrich deutsche Bunker als »Krematorien« bezeichnet, wird klar, dass beide Argumentationsstränge aus der »Gruppe 47« zur Basis des aktuellen geschichtsrevisionistischen Durchbruchs gehören.

Für Reue und Erinnerung, die sich der Opferperspektive verpflichtet sieht, ist in diesem Kontext kein Platz. Deutschland pflegt einen kalt berechnenden Umgang mit seiner verbrecherischen Vergangenheit. Die lange Geschichte deutscher Entschädigungsverweigerung ist Teil dieses Paradigmas. Die Zahlungen aus dem Entschädigungsfond folgen dem kalkulierten Interesse, Rechtssicherheit für deutsche Firmen zu erlangen. Mit ihnen verbindet sich keine moralische und politische Anerkennung der Ansprüche von Opfern des Natiolalsozialismus. Andererseits ermöglicht die vermeintlich materielle Regelung den politischen Zugriff auf die Geschichte. Die almosenartige Abspeisung weniger, in die BittstellerInnenrolle gedrängter Opfer, wird zum Beweis, dass Deutschland doch nun wirklich einen beispielhaften Umgang mit seiner Vergangenheit vorweisen kann.

Tobias Ebbrecht analysiert in seinem Beitrag »Deutscher Rechtsfrieden« die jüngsten Ausformungen instrumenteller Entschädigungspolitik. Mit Verweiß auf die Staatenimmunität und das damals geltende Völkerrecht wurde vom BGH die individuelle Entschädigung von Nachkommen ermordeter EinwohnerInnen aus der griechischen Stadt Distomo zurückgewiesen. Geht es um die eigenen außenpolitischen Interessen Berlins, wird der Rechtsanspruch »Staatenimmunität« von Deutschland auf internationaler Ebene bekämpft. Mit Hilfe eines alternativen »Völkerstrafgesetzbuches« will Deutschland weltweit begangene Verbrechen in die Konzeption völkischer Rechtssubjekte einordnen und auf deutschem Boden zur Anklage bringen. Während die Klage der NS-Opfer ohne großes Federlesen niedergeschlagen wurde, ermittelt die deutsche Justiz auf der Grundlage des »Völkerstrafgesetzbuches« wegen eines angeblichen Massakers an Sudetendeutschen 1945 gegen tschechische StaatsbürgerInnen. Was Deutschland als Recht international durchsetzen möchte und was Deutschland als Recht gegen sich selbst gelten lässt, bestimmen also die Kinder und Enkel der TäterInnen.

Unterstützung für den Diskurs der Entschädigungsabwehr kommt aus leidlich bekannter Ecke. Der Historiker und Schlussstrich-Apologet Götz Aly, der die Folgen des Potsdamer Abkommens gravierender als die des deutschen Massenmords an den europäischen Jüdinnen und Juden empfindet und der es in der antideutschen Linken bereits vor Jahren zu negativer Bekanntheit brachte, als er Auschwitz als einen Bestandteil europäischer Bevölkerungspolitik entwirklichte, wendet sich nun gegen weitergehende Schadensersatzleistungen für Opfer des Nationalsozialismus. Sein Argument, dass sonst alle »Heimatvertriebenen«, also auch die sudetendeutschen Überlebenden des »Todesmarsches von Brünn« Entschädigung verlangen könnten, offenbart auf Neue, wie nützlich es für dieses Land ist, wenn seine verbrecherische Vergangenheit in einer europäischen Geschichtsperspektive aufgelöst wird.

Strategie des Erinnerns

Eine politische Debatte darüber gab und gibt es nicht. In Deutschland debattiert man anderes. Soll das »Zentrum gegen Vertreibung« in Berlin entstehen oder doch lieber in »Breslau«? Soll die Vertreibung der Deutschen in Folge des Zweiten Weltkrieges im Mittelpunkt stehen oder im europäischen Kontext gleichermaßen an die Opfer kriegerischer und ethnischer Konflikte erinnert werden? Unabhängig von den scheinbaren Alternativen steht ein Ergebnis schon fest. Der Umsiedelung der deutschen Minderheiten aus den ost- und südosteuropäischen Staaten wird fortan als ein historisches Verbrechen gedacht. Das Mahnmal steht so für eine Umschreibung der Geschichte, bei der die Bewertung der Vertreibung, als Versuch der Alliierten einer aggressiven deutschen Volkstumspolitik die wesentliche Bezugsgröße zu entziehen, ihre Bedeutung verliert. Im Artikel »Aus dem Innenleben der Abstammungsgemeinschaft« von Phase 2-Göttingen wird beschrieben, dass damit nicht nur für die organisierten Revisionsansprüche der »Volksdeutschen« eine lange gehegte Zielvorstellung in Erfüllung geht. Das AutorInnenkollektiv sieht die Debatte als Indikator für die gesellschaftliche Relevanz deutsch-völkischer Bestrebungen. Aus dem Zusammenspiel staatlicher Institutionen und formal unabhängiger Mittelsorganisationen zur Verbreitung des Volkstumsgedankens erwächst so ein wirksames Instrument deutscher Expansionspolitik. Aus der Debatte um das Vertriebenenzentrum geht die entlastete Nation hervor. Beide Entwürfe und ihr parteipolitisch nicht klar zu unterscheidender Anhang erreichen dies mit einer nahezu deckungsgleichen Herangehensweise. Durch eine Ausweitung des Blickwinkels auf die letzten hundert Jahre europäischer Geschichte wird der deutsche Opferstatus aus dem Gedenken an eine Vielzahl von Zwangsaussiedlungen und Deportationen – von der türkischen Bevölkerungspolitik gegen die Armenier bis zu der in den jugoslawischen Nachfolgestaaten – destilliert. Über die diskursive Einbettung der Vertreibung in eine gesamteuropäische Opferdimension wird der Mythos unschuldiger deutschen Opfer jenseits einer historischen Ursachenanalyse plausibel und politikfähig gemacht. Auch für Traditions- und Vertriebenverbände ist die europäische Sichtweise keine Relativierung ihrer politischen Agenda. Vielmehr zeigt sich darin ihre Anerkennung erfolgreicher deutscher Interessenpolitik, die über das Medium Europa ihren Handlungsrahmen und ihre Legitimationsbasis erweitert hat.

Kein Frieden

Der europäische Weg stellt sich derzeit als effizienteste Strategie zur Vergrößerung deutscher Weltgeltung heraus. Bis heute ist nicht absehbar, ob das Projekt Kerneuropa die Qualität eines Nationalstaates annehmen wird. Zweifelhaft, ob sich widersprüchliche Kapitalinteressen einem ideellen europäischen Gesamtinteresse fügen und ob sich aus Verfassungspatriotismus, Antiamerikanismus und »europäischer« Geschichte eine adäquate Identität schmieden lässt. Absolut sicher aber ist, das dieses Europa kein Projekt emanzipatorischer Veränderungen sein wird. An keiner Stelle weist es über die Zumutungen kapitalistischer Verhältnisse hinaus. In der Fetischisierung der sozialstaatlichen Befriedung von Klassengegensätzen, die immer mehr eine ideologische ohne materielle Entsprechung ist, sind die Grundlagen kapitalistischer Organisation – Staat und Kapital – aufgehoben. Die Abgrenzung gegen die VerliererInnen des weltweiten Produktivitätsvergleichs ist die Grundlage für das Wachsen der Mauern der Festung Europa, die tagtäglich rassistische Ausschlüsse produziert. Und die Selbstkonstitution gegen Amerika enthält das der kapitalistischen Konkurrenz eigene Aggressionspotenzial. Die grundsätzliche Akzeptanz militärischer Konfliktlösung wird trotz der Selbststilisierung zum Friedensengel alles andere als in Frage gestellt. So erwächst inmitten einer »geradezu absurden Konstruktion einer deutsch-europäischen Moralität und Zivilität« ein militärischer Koloss.

Genau sowenig ist Europa ein antideutsches Projekt. Antisemitismus und Antiamerikanismus fließen ungebrochen in die Versuche der Schaffung einer europäischen Kollektivität ein. Die Modernisierung des völkischen Nationalismus findet im Regionalismus seine Grenzen. Das deutsche Kapital gehört schon jetzt zu den Hauptprofiteuren der Wirtschaftsgemeinschaft. »Die Unterstützung deutsche Interessen vertretender gesellschaftlicher Strömungen geht Hand in Hand mit wirtschaftlicher Expansion, die teilweise ebenso ideologietransportierende Komponenten enthält. Die von deutschen Unternehmen erlangte Dominanz der Presselandschaften beispielsweise in Polen, Tschechien, Bulgarien und Kroatien (jeweils 70 bis 90%) eröffnet diesbezüglich Möglichkeiten für einen Export deutscher Wertvorstellungen und Ideologie.«

Und auf der Grundlage der geschichtsrevisionistischen Offensive verliert Deutschland jegliche Skrupel seine Interessen weltweit und mit allen Mitteln durchzusetzen. Es gäbe für eine antikapitalistisch-antideutsche Linke mehr als einen schlechten Grund den deutsch-europäischen Großmachtambitionen die politische Praxis zu widmen.

Fußnoten:

(1) Ganz offensichtlich aber ist die schadenfrohe Genugtuung, mit der amerikanische Hilfegesuche an Berlin und Paris bewertet werden. Das sagt nichts darüber aus, ob Deutschland dann nicht doch Soldaten entsendet. Die Beteiligung an einer Nachkriegsordnung unter amerikanischen Oberbefehl stünde nicht für die freiwillige Selbstaufgabe der deutschen Gegenmachtsambitionen. Neben dem handfesten Wunsch, in der Region wirtschaftlich wieder stärker profitieren zu können, wäre ein UNO-Mandat für eine Bundeswehr-Friedenstruppe im Irak in erster Linie ein strategischer Erfolg. Die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen ist das Instrument, mit welchem man die Supermacht zu domestizieren gedenkt. (Vgl. dazu auch »Gegen Macht Europa«, Phase 2.08, S. 40ff).

Phase 2 Leipzig