Der verschwundene Weltkrieg

Vor 70 Jahren begann der Zweite Weltkrieg, der heute seiner historischen Spezifik beraubt und zur Rahmenhandlung des Holocaust degradiert ist. Eine Korrektur.

Am Abend des 22. Februar 1942 liegen auf dem Bett eines kleinen Hauses in Petrópolis, Brasilien, die Leichen Stefan Zweigs und seiner Frau Lotte. Fernab des europäischen Kontinents hatten sie beschlossen, diesem Leben, das zu ertragen ihnen nicht mehr möglich war, ein Ende zu setzen. Kurz vorher hatte Stefan Zweig seine Autobiographie abgeschlossen, die unter dem Titel Die Welt von gestern noch im gleichen Jahr erschien. Sie war von Zweig sowohl als Nachruf auf sich selbst als auch auf die untergegangene Welt des alten Europas gedacht: »So gehöre ich nirgends mehr hin, überall Fremder und bestenfalls Gast; auch die eigentliche Heimat, die mein Herz sich erwählt, Europa, ist mir verloren, seit es sich zum zweiten Mal selbstmörderisch zerfleischt im Bruderkriege. Wider meinen Willen bin ich Zeuge geworden der furchtbarsten Niederlage der Vernunft und des wildesten Triumphes der Brutalität innerhalb der Chronik der Zeiten.« Stefan Zweig, Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers, Berlin/Weimar 1990 (zuerst: 1942), 8. Stefan Zweigs Autobiographie endet mit dem 1. September 1939, jenem Tag, an dem die Deutschen ihren gnadenlosen Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen begannen, in dessen Verlauf die Zerstörung des alten Europa radikaler vollzogen werden sollte, als es sich Zweig wahrscheinlich je vorstellen konnte, und die er weiter zu erleben, nicht mehr gewillt war.

Dieser 1. September 1939 jährt sich nun zum 70. Mal und dieser Jahrestag fällt genau in das Jahr, das als »Supergedenkjahr« einige andere Jahrestage feierlich begeht: Die Gründung der BRD sowie der Zusammenbruch der DDR. Das Gedenken an die historischen Heldentaten der deutschen Nation der neueren Zeit befindet sich auf dem Höhepunkt. Noch im Jahre 2005 wurde im Gedenken an die Niederlage des nationalsozialistischen Deutschlands von deutscher Seite die Nachkriegsgeschichte als beendet erklärt. Dass der Zweite Weltkrieg heute das Jubeln nicht mehr stören soll, ist daher eher folgerichtig.

Dabei ist der Zweite Weltkrieg durchaus präsent, er ist es jedoch eher als Chiffre, als Mythos denn als historisches Ereignis. Man hat sich daran gewöhnt, den Zweiten Weltkrieg als Begründungszusammenhang des neuen Europa zu verstehen, als kollektive Gewalterfahrung und in den letzten Jahrzehnten zunehmend auch als Rahmenhandlung des Holocaust. Man hat dabei aber jedoch fast vergessen, wie der Zweite Weltkrieg der Deutschen das Europa des 19. Jahrhunderts zerstörte, die Ideen der Aufklärung von Fortschritt, Vernunft und Rationalität desavouierte und schlussendlich Osteuropa in ein Totenhaus verwandelte, das nie wieder auch nur annähernd sein Vorkriegsgesicht erhalten sollte.

Die hiesige Erinnerungspolitik, die sich als Ablenkungsmanöver lieber Erinnerungskultur nennen will, zerstört schrittweise die historisch-politische Differenz. Sie setzt vielmehr auf Verallgemeinerung, Universalisierung und Moralismus. Es ist jedoch das historische Verstehen, das vonnöten ist, um die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf Europa zu verstehen, um die revisionistischen Angriffe auf die »Handlanger des Holocaust« zu entkräften und um zu begreifen, warum für Osteuropa der Holocaust nicht zum alleinigen negativen Gründungsmythos werden kann.

Deutsche Phantasien: Generalplan Ost

Der Krieg im Osten war das ideologische Zentrum des gesamten deutschen Krieges. Hier sollte das deutsche Imperium, samt seiner Kolonien, nach dem Endsieg entstehen. Das Zusammenspiel aus strategisch-geopolitischen Erwägungen, Lebensraum- und Herrenmenschenphantasien, Bevölkerungsplanung, Eugenik, Menschenzucht, Zerstörung, Terror und gnadenloser Vernichtung von Menschen bildet die Textur des deutschen Krieges im Osten.

Dieser Krieg begann am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen. Von Beginn an setzten dabei die Deutschen auf Terror, Zerstörung und Vernichtung. Zehntausende Juden wurden in den ersten Kriegstagen hingerichtet, Städte und Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, die polnische Intelligenz verhaftet, gefoltert, deportiert und ermordet. Der deutsche Krieg gegen Polen und seit dem 22. Juni 1941 gegen die Sowjetunion war in seiner Art ein völlig neuer. Es ging hier nicht um Eroberung und Beherrschung, sondern um Lebensraum, rassistische Bevölkerungsplanung und Vernichtung. Während die Deutschen in ganz Europa nationale BündnispartnerInnen aquirierten und in den Kriegsgebieten regionale und nationale KollaborateurInnen rekrutierten, fielen Polen und die Sowjetunion aus diesem Raster heraus: Sie galt es zu unterwerfen, ihre nationalen Identitäten zu zerstören, die Bevölkerungen zu deportieren und zu ermorden und die Staaten für immer zu zerschlagen. Die Deutschen suchten hier keine BündnispartnerInnen, weil die polnischen und sowjetischen »Slawen« als »Untermenschen« kategorisiert waren, die keinerlei Lebenswert besäßen.

Das Ziel der Deutschen war die Errichtung eines deutschen rassistischen Imperiums im Osten Europas. Große Teile Polens und der Sowjetunion sollten dem deutschen Staatsgebiet einverleibt, der Rest in einzelne Kolonien zerschlagen werden. Die polnische und die »jüdisch-bolschewistische« Intelligenz sollten ermordet, ein kleiner Rest der Bevölkerung »eingedeutscht«, der überwiegende Teil nach Sibirien oder Südamerika deportiert werden.

 1941 wurde im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) und in Alfred Rosenbergs Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) der »Generalplan Ost« Der »Generalplan Ost« war dabei kein einzelner Plan, sondern die Gesamtheit verschiedener Vorstellungen, die unter diesem Titel in den benannten Institutionen erarbeitet und diskutiert wurde. Er wurde aufgrund der sich wandelnden Kriegslage 1943 kein offizielles Dokument der deutschen Ostplanung mehr. Aber er enthält die gesamten Vorstellungen der rassistischen »Neuordnung« Osteuropas, die zum Teil bereits zu verwirklichen versucht worden. Der Generalplan Ost, hrsg. und kommentiert von Helmut Heiber, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 6/3 (1958), 281-325. Die im Nachfolgenden zitierten Passagen, entstammen nicht dem Plänen selbst, sondern sind Ausschnitte aus Kommentierungen. entworfen, der die weiteren Planungen beschrieb.

 Die neu zu schaffenden deutschen Gebiete sollten von Polen, Juden, Sinti und Roma, Russen, Ruthenen usw. innerhalb von 30 Jahren »befreit« und schließlich durch »Volksdeutsche« besiedelt werden. Der Großteil der Polen, nämlich 95–97 Prozent, waren zur Deportation nach Sibirien oder Übersee vorgesehen, die polnische wie die sowjetische Intelligenz sollten vollständig ermordet, der Rest könne eventuell »eingedeutscht« werden. Das Schicksal der Juden galt hier bereits als besiegelt: »Eine Aussiedlung der weiter in dem Plan genannten Juden erübrigt sich mit der Lösung der Judenfrage.« Ebd., 305. Auch wenn die »Ausrottung« der Polen durchaus sinnvoll sei, so heißt es in dem Plan, sei aus politisch-strategischen – nicht aus moralischen – Gründen davon abzusehen. Ebd., 308. Genauso verhielte es sich mit den Russen: Die Liquidierung des Russentums kommt vorerst »aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht.« Ebd., 313. Für die baltische Bevölkerung gab es andere Pläne, ihrer teilweisen »Eindeutschung« wurden größere Chancen eingeräumt, und dennoch: »Es sei zu erwägen, ob nicht durch die Industrialisierung des baltischen Raumes zweckmäßigerweise die rassisch unerwünschten Teile der Bevölkerung verschrottet werden könnten.« Ebd., 295.

 Insgesamt sollten über 40–50 Millionen Menschen deportiert werden, die Intelligenz und Führungsschicht ermordet, einige »rassisch für uns wertvolle Fremdvölker für den Versuch einer Eindeutschung in Betracht kommen«, Ebd., 301. die polnischen Gebiete Deutschland angegliedert, die Sowjetunion in vier Provinzen geteilt werden. Vorläufig sei jedoch zu beachten: »An einer völligen biologischen Vernichtung des Russentums können wir jedenfalls solange kein Interesse haben, als wir nicht selbst in der Lage sind, mit unseren Menschen den Raum zu füllen.« Ebd., 318.

Stunde Null

Wassili Grossmans düsteres Epos über den Zweiten Weltkrieg, den Holocaust und die Schlacht um Stalingrad, Leben und Schicksal, gibt einen Einblick in die Katastrophe, die der deutsche Vernichtungskrieg für die Sowjetunion bedeutete: »Die Nacht war zu Ende. Das versengte Steppengras war von den Leichen der Gefallenen übersät. Freudlos und düster atmete an den Ufern das schwere Wasser. Trauer erfasste die Menschen beim Anblick der aufgerissenen Erde, der leeren Würfel ausgebrannter Häuser. Ein neuer Tag begann, und der Krieg machte sich bereit, ihn großzügig bis an den Rand mit Rauch, Schutt, Eisen und blutigen Verbänden zu füllen. Und diesem Tag würden ebensolche Tage folgen. Da war nichts mehr auf der Welt als diese vom Eisen aufgepflügte Erde, als der in Flammen stehende Himmel.« Wassili Grossman, Leben und Schicksal. Roman, Berlin 2007, 54.

Der Generalplan Ost scheiterte im Verlaufe des Jahres 1943 an der Veränderung der Kriegslage. Im Februar 1943 endete die Schlacht um Stalingrad mit der Niederlage der Deutschen, im Mai kapitulierte die Armee Erwin Rommels in Nordafrika, im Juli ging die letzte deutsche Großoffensive im Kursker Bogen verloren, im September schließlich landeten die ersten amerikanischen Truppen auf Sizilien.

Auch wenn die Pläne eines deutschen Imperiums im Osten Europas scheiterten, tat das dem Vernichtungskrieg keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil professionalisierten und intensivierten die Deutschen die Ermordung der Juden und gingen umso gnadenloser gegen die slawischen Bevölkerungen vor. Auf ihrem Rückzug aus Osteuropa, der 1943 begann, hinterließen sie »verbrannte Erde«. Dörfer, Städte, Fabrikanlagen wurden dem Erdboden gleichgemacht und Millionen ZivilistInnen ermordet.

 Insgesamt sind ca. 36,5 Millionen EuropäerInnen an den Folgen des Krieges gestorben, fünf Millionen Polinnen und Polen und 24 Millionen BürgerInnen der Sowjetunion verloren ihr Leben. Allein auf dem Gebiet der Sowjetunion hatten die Deutschen 70.000 Dörfer, 1.700 Städte, 32.000 Fabriken und 60.000 Kilometer Schienennetz nahezu vollständig zerstört, von den 5,5 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen wurden 3,3 Millionen zu Tode gefoltert, gehungert oder gefroren.Tony Judt, Die Geschichte Europas seit dem Zweiten Weltkrieg, Bonn 2006, 33–35.

Die Zahlen allein geben einen ersten Hinweis auf die Dimension des deutschen Vernichtungskrieges und seiner Konsequenzen. Die Juden Europas waren ermordet worden, die Shtetl-Kultur Polens für immer vernichtet. Von ca. 3,3 Millionen polnischen Juden (ca. 10 Prozent der Gesamtbevölkerung vor dem Krieg) überlebten 300.000 den Krieg. Die Juden waren vor dem Krieg die größte Minderheit Osteuropas, aber nicht die einzige. So bestand z.B. in Polen die Bevölkerung zu fast 40 Prozent aus ethnischen/nationalen Minderheiten. In anderen osteuropäischen Staaten – Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Österreich, den baltischen Staaten etc. – sah es ähnlich aus. Nach dem Krieg wurden diese Staaten ethnisch homogenisiert.

 Nicht nur hatten die Deutschen systematisch die polnische und sowjetische Intelligenz und Führungsschicht ermordet Es soll hier nicht unterschlagen werden, dass auch die Ermordung von ca. 23.000 polnischen Offizieren in Katy? dazu beitrug. Im Frühjahr 1940 wurden diese durch den sowjetischen NKWD als Maßnahme gegen »Nationalisten und konterrevolutionären Aktivisten« bei der Stadt Katy? ermordet, ein Verbrechen, das die Sowjetunion über Jahrzehnte der deutschen Seite zuschlug. Erst Michail Gorbatschow beendete 1990 das sowjetische Leugnen. (ein Verlust der spürbar bleiben sollte), sondern auch jeden Glauben an Rationalität, Vernunft und Recht zerstört. Es gab keine Logik der Kriegsführung, der Selbsterhaltung, kein positives Rechtssystem, sondern allein die Logik des Beherrschens und Vernichtens. Fast alle Staaten wurden in den Kriegsjahren zwei- bzw. dreimal besetzt. Bündnisse und Koalitionen entstanden und zerbrachen, Eigentum wurde hin- und hergeschoben, das System der Denunziation zerstörte jedes Vertrauen, durch nahezu alle Gesellschaften zog sich ein Riss zwischen Kollaboration und Widerstand, der sich mit jeder neuen politischen und militärischen Situation wieder verschob.

Nach dem 8. Mai 1945 ging Westeuropa an die Restauration. Die Führungsschichten kehrten zurück und besetzten ihre Ämter neu, die nationalen Grenzen wurden wiederhergestellt, die politischen Systeme neu aufgebaut. Nicht so für Osteuropa. Hier gab es tatsächlich das, was Deutschland immer zugeschoben wird: Die Stunde Null. Nichts war wie vorher, nahezu alles hatte von Neuem zu beginnen. Wird sich heute in Polen über geschichtliche Ereignisse verständigt, gibt es im Grunde nur eine Periodisierung: Vor und nach dem Krieg: als Bezug auf zwei völlig grundverschiedene Zeiten.

Von Auschwitz nach Birkenau

Es wird immer schwerer, die Präsenz des deutschen Vernichtungskrieges im Osten Europas zu fassen. Sie verschwindet schrittweise hinter der Fassade von Bekenntnisfloskeln der Grausamkeit des Zweiten Weltkrieges. Und sie wird erschwert durch einen Perspektivenwechsel von Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit seit den siebziger Jahren. Seit dieser Zeit rückte der Holocaust ins Zentrum der Auseinandersetzung um die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Viel mehr noch wurde der Holocaust als ein eigenständiges, aus der Kriegserzählung herausfallendes oder von ihr zu trennendes Ereignis erst in den späten siebziger Jahren hervorgebracht. Zuvor war der Mord an den Juden Bestandteil der Kriegserzählung, sie galten als eine unter vielen Opfergruppen des Krieges.

Dabei ist es zunächst essentiell, die Besonderheit des Holocaust zu verstehen, seinen Charakter zu durchdringen, der quer zu den Ereignissen des Krieges lag. Die Deutschen integrierten den Massenmord an den europäischen Juden nicht in die instrumentelle Logik von Sieg und Niederlange, von rationaler Kriegsplanung und vom Primat der Selbsterhaltung, sondern machten ihn zum alles beherrschenden Ziel des Kriegsgeschehens. Der deutsche Krieg verstand sich zuerst und beherrschend als ein Krieg gegen die Juden.

Und dennoch war der Holocaust nur unter den Bedingungen des Krieges realisierbar und – wenn auch der bestimmende – nur ein Teil der deutschen Lebensraum- und Herrenmenschenphantasien.

Wenn heute vom Holocaust und den Gewalterfahrungen des Zweiten Weltkrieges als negative Gründungsereignisse des postmodernen Europas die Rede ist, wird der deutsche Vernichtungskrieg im Osten kategorial an die Seite gedrängt. Denn die deutsche Vernichtungsdrohung und -umsetzung gegenüber den slawischen Bevölkerungen ist weder dem Holocaust immanent noch ist sie mit dem Begriff der Gewalt zu fassen. Der Begriff der Gewalt gerät hier an seine Grenzen, weil er an ein instrumentelles System von Herrschaft gebunden ist und der deutsche Vernichtungskrieg im Osten eine Negation dieses Systems darstellte.

Für die polnische Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg steht der Gedächtnisort Auschwitz im Zentrum. Über Jahrzehnte wurde Auschwitz dabei lediglich als Symbol für das Martyrium des polnischen Volkes begriffen. Konsequent hat sich Polen geweigert, die Besonderheit des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, des Außenlagers, in dem die Deutschen ca. eine Million Juden vergasten, zu begreifen bzw. anzuerkennen. Und doch liegt in der polnischen Interpretation von Auschwitz ein wahrer Kern. Auschwitz, das Stammlager, wurde von den Deutschen zunächst als Lager für die polnische Intelligenz errichtet und bis zum Ende des Krieges auch in dieser Funktion aufrechterhalten. Die Ermordung der Juden fand einige Kilometer abseits, in Birkenau, statt. Im Stammlager ermordeten die Deutschen ca. 60 – 70.000 Menschen, vorwiegend nichtjüdische Polen.

 Dass Auschwitz also nicht nur das Vernichtungslager Birkenau, sondern auch das Konzentrationslager war, ist außerhalb Polens heute fast schon vergessen, genauso vergessen wie die Tatsache, dass der deutsche Vernichtungskrieg mehr war als der Holocaust. Angesichts dessen, sind die vielfältigen polnischen und auch sowjetischen Reaktionen auf die (west-)europäischen Erinnerungsdiskurse nur allzu verständlich. Weder die allgemeine Gewalt des deutschen Krieges noch der Holocaust als solcher können das Martyrium der polnischen, der sowjetischen und anderer Bevölkerungen integrieren. Es scheint, als sei für die Erinnerung an diesen Teil des Zweiten Weltkrieges im heutigen Europa kein Platz. In Deutschland werden derartige Reaktionen – wie die häufigen Angriffe aus Polen gegen eine deutsche Relativierung des Zweiten Weltkrieges oder das jüngst in Russland verabschiedete Gesetz gegen Geschichtsrevisionismus Vgl. Sonja Margolina, Der Präventivschlag. Russland werkelt auch unter Medwedew weiter an seiner revisionistischen Geschichtspolitik, in: Neue Zürcher Zeitung vom 27. Mai 2009. – lediglich als hysterische Überempfindlichkeit wahrgenommen und deren Ursache nicht einmal begriffen.

»Polnische Hysterie«

Dabei sind die dominierenden Positionen der deutschen Öffentlichkeit alles andere als ein wie auch immer gearteter Revisionismus. Die Deutschen waren Schuld am Zweiten Weltkrieg, waren die Exekutoren des Holocaust, haben unermessliches Leid über ganz Europa gebracht, und hieraus erwachse nicht zuletzt eine deutsche Verantwortung – soweit das Standardrepertoire des deutschen Erinnerungsjargons. Worin diese Verantwortung besteht, ist jedoch unklar. Sie besteht vor allem in der Anerkennung historischer Tatsachen, jedoch weniger im Verständnis unmittelbarer und langfristiger Auswirkungen und relevanter Konsequenzen.

Es ist erstaunlich, dass in den Debatten um die Besetzung des Stiftungsrates des Zentrums gegen Vertreibung Erika Steinbach von den deutschen KommentatorInnen immer wieder mit dem Argument in Schutz genommen wurde, sie hätte sich schon lange gegen den Revisionismus und für die historische Wahrheit entschieden. Selbstverständlichkeiten, wie das Bekenntnis zur historischen Wahrheit und die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze werden hier zu fundamentalen Zugeständnissen an die »polnische Seele« gemacht. Die Anerkennung der Wahrheit durch die Deutschen verpflichte die Polen wiederum zu Dankbarkeit.

 Die polnischen und sowjetischen Reaktionen auf Langzeitwirkungen des Zweiten Weltkrieges werden hierzulande immer wieder als hysterische Überempfindlichkeiten denunziert und damit delegitimiert. Im Streit um Erika Steinbach geht die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) sogar soweit, dem Nachbarn unverhohlen zu drohen: »Vielleicht wird aber auch noch der Tag kommen, an dem Polen sich fragt, ob es wirklich klug war, dieses Gefecht bis zum Äußersten und den Verbündeten Deutschland in jene Ecke zu treiben, in der es jetzt einen Teil seiner Selbstachtung zurückließ.« Berthold Kohler, Ein sichtbares Zeichen, in: Frankfurter Allgemeiner Zeitung vom 4. März 2009. In einem anderen Kommentar heißt es: »Das war weder demokratisch noch europäisch – und dem nachbarlichen Frieden wird es leider auch nicht dienen.« Stefan Dietrich, Ein Pyrrhus-Sieg, in: Ebd. Man muss beide Aussagen im Zusammenhang nicht gleich als Kriegsdrohung interpretieren, aber die militarisierte Sprache von »Gefecht«, »Verbündeten«, »nachbarlichem Frieden«, »in die Ecke treiben« ist zumindest deutlich mehr als Unachtsamkeit.

Universalisierungen

In der Auseinandersetzung mit Weltkrieg und Holocaust verlieren beide Ereignisse derweil immer mehr ihre historische Bestimmtheit. Vielmehr werden beide zu Chiffren und Mythen und zu selektiven Narrativen. Die Erinnerungsrituale sind heute bestimmt von der Empathie mit den Opfern. Die Jahrestage – hier vor allem der 27. Januar – gehört den Schilderungen der Opfer. Dies ist zunächst ein Fortschritt im Vergleich zu den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik – und mit Einschränkungen der DDR –, in denen die Opfer keine Stimme besaßen. Heute sind die Zeitungen voll mit ZeitzeugInnenberichten und Interviews; die Überlebenden dürfen auf Gedenkfeiern sprechen – die Stimme der Opfer ist präsent.

Der zunehmende Fokus auf diese Opferperspektive birgt jedoch eine Gefahr in sich, indem er die Individualisierung der historischen Ereignisse befördert. Wird die Geschichte von den Opfern aus erzählt, verwischen die historisch-politischen Kategorien von Kriegsschuld, von Angriff und Verteidigung, von Reaktion und Gegenreaktion. Diese Perspektive erlaubt u.a. die Empathie mit den deutschen Opfern der alliierten Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg als auch mit den Opfern der Deutschen im Vernichtungskrieg. Auch wenn sich die meisten dabei durchaus noch einer historischen Differenz bewusst sind, wird sie jedoch schwächer. Und nur so kann aus der politischen Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts, des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, der europäischen Nachkriegsgeschichte das »Jahrhundert der Vertreibungen« werden, wie es der Bund der Vertriebenen seit Jahren ausruft. Das »Jahrhundert der Vertreibungen« ebnet den historischen Unterschied ein, um das Allgemeine des individuellen Leidens als zentrale Perspektive auf das Jahrhundert auszuwählen.

Darüber hinaus werden Zweiter Weltkrieg und Holocaust immer mehr zu negativen Bezugsgrößen für das moderne Europa transformiert. Als Zeitalter der Gewalt gilt der Zweite Weltkrieg (oder wahlweise die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) und diese Gewalt sei die Erfahrung, die die EuropäerInnen eint. Diese scheinbare Gemeinsamkeit der Gewalterfahrung ignoriert die unterschiedlichen historischen und politischen Konstellationen von den Verursachern des Zweiten Weltkriegs, den Planern und Vollstreckern des Vernichtungskriegs und deren Opfern. Die Erfahrung selbst ist auf den Unterschied nicht angewiesen, weil sich Erfahrung auf den Gegenstand richtet und damit von Opfern und TäterInnen gleichermaßen gemacht werden kann.

 Jenseits dessen ist es vor allem der Holocaust, der zum »europäischen Gründungsmythos« erklärt wird. »Der Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz wird mittlerweile in ganz Europa als Holocaust Memorial Day begangen. Der gemeinsame Rekurs auf das singuläre Menschheitsverbrechen des Mordes an den europäischen Juden ist das Angebot eines negativen Gründungsmythos für Europa. Die Europäisierung der deutschen Geschichtspolitik […] – wirkt fürs Erste plausibel, insofern Antisemitismus und Faschismus in der Tat gesamteuropäische Erscheinungen waren und der Mord an den Juden ohne breite Kollaboration europäischer Regierungen und Menschen unmöglich gewesen wäre.« Claus Leggewie, Schlachtfeld Europa. Transnationale Erinnerung und europäische Identität, in: Eurozine, http://www.eurozine.com/pdf/2009-02-04-leggewie-de.pdf.

 Dass dieses Angebot einer europäischen Identität allein über den Holocaust für das östliche Europa wenig attraktiv ist, wurde bereits weiter oben beschrieben. Richtig ist zwar auch, dass die Hindernisse dafür auch damit zu tun haben, dass die Bedeutung des Holocaust in einigen der osteuropäischen Staaten nicht erkannt wird. Aber dennoch sind die osteuropäischen Erfahrungen nicht kompatibel mit denjenigen Westeuropas und schon gar nicht mit denjenigen Deutschlands. Es ist Claus Leggewie jedoch nicht der Vorwurf zu machen, das Problem nicht zu sehen. Ganz im Gegenteil beschreibt er im Verlauf seines Textes die Probleme einer allein auf den Holocaust zugeschnittenen europäischen Erinnerungspolitik. Dass aber vor allem eine andere Erfahrung des Zweiten Weltkrieges dieser im Wege steht, scheint er dennoch nicht zu sehen.

 Der Zugriff auf Zweiter Weltkrieg und Holocaust vollzieht sich grundlegend auf zwei Ebenen. Es ist zum einen der historische und zum anderen der ethisch-anthropologische. Der historische versucht die Genealogie des Holocaust zu begreifen und siedelt ins Zentrum der Betrachtung den »deutschen Sonderweg«, des weiteren aber auch die historischen Konstellationen, die Bedingungen des deutschen Krieges, deutsche Ideologie, Antisemitismus, etc.. Diese Art des Zugriffs fragt vor allem nach dem Wie und war über Jahrzehnte bestimmend. Demgegenüber existiert jedoch auch der ethisch-anthropologische, der zunehmend die Deutungshoheit gewinnt. Er versucht den Holocaust als Zeichen einer bestimmten anthropologischen Disposition zu begreifen. Hier geht es vor allem darum, nach dem Warum zu fragen. Im Kern dieses Zugriffs stehen die Sorge um die mögliche Wiederholbarkeit eines solchen Verbrechens und das Bestreben, dies unmöglich zu machen. Siehe Dan Diner, Gegenläufige Gedächtnisse. Über Geltung und Wirkung des Holocaust, Göttingen 2007, 13–19. Zygmut Bauman hat in den neunziger Jahren, vor allem in seiner Studie Dialektik der Ordnung, diesen Zugriff stark gemacht: »Die aktuelle Bedeutung des Holocaust liegt darin, welche Botschaft er für die Humanität enthält.« Zygmut Bauman, Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust, Hamburg 2002 (zuerst: 1992), 220f. Im Verweis auf das berühmte Milgram-Experiment Stanley Milgram, Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität, Reinbek 1982. sieht er im Menschen eine allgemeine Bereitschaft zur Grausamkeit und zum Massenmord, wenn kein System moralischer bzw. sozialer Beschränkungen existiert. Seine anfangs historische Argumentation verschwindet im Verlauf des Buches zugunsten einer allgemeinen menschlichen Disposition in der Moderne, die dem Holocaust ähnliches jederzeit hervorbringen kann. »Die furchtbarste Erkenntnis aus dem Holocaust und dem, was man über die Vollstrecker erfuhr, war jedoch nicht, daß ›so etwas‹ auch uns widerfahren könne, sondern, daß jeder von uns es tun könnte.« Bauman, Dialektik der Ordnung, 166.

Diese Sichtweise tendiert dazu, den Holocaust unter dem Blickwinkel der »Banalität des Bösen« (Hannah Arendt) zu fassen, als Verweis auf die menschliche Anthropologie. Umso schärfer diese Argumentation vertreten wird, umso mehr verblassen die historischen Konstellationen und es bleibt das Allgemeine einer ständigen Gefahr bestehen. Die heutigen Interpretationen neigen immer mehr zu dieser Allgemeinheit, der deutsche »Anteil« am Holocaust degeniert zu einer nebensächlichen Lappalie.

Demjanjuk, Hitlers williger Vollstrecker

»›Alles fällt auseinander‹, sagt Joze Dezman, ›die ganze Anti-Hitler-Koalition‹. Dabei lacht er so triumphierend, als hätte er gerade einen Dart-Pfeil ins Schwarze geschossen. Und in gewisser Weise hat er das auch. In seinem Land, in Slowenien, sind viele gerade dabei, Europas Geschichte des Zweiten Weltkriegs umzuschreiben. Verbrechen gab es auf beiden Seiten, lautet dort die neue Formel, und auf welcher Seite mehr und auf welcher weniger, ist letzten Endes zweitrangig. Gefunden hat die Formel Dezman, ein 53-jähriger Museumsdirektor aus Ljubljana, und der Stolz darüber leuchtet dem Mann aus allen Knopflöchern.« Norbert Mappes-Niediek, Die Toten in der Bösen Grube, in: Berliner Zeitung vom 11. Juni 2009, http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0611/horionte/0004/index.html.

 Was für Slowenien gilt, gilt auch für andere europäische Staaten. Die Kategorien des Zweiten Weltkriegs werden neugeschrieben. Die Impulse dafür kommen u.a. aus Deutschland. Hierzulande war es dabei eher der Fall Demjanjuk, der jüngst den Anlass gab, diese Art Universalisierung zu forcieren und nach den TäterInnen zu fragen, die sich in ganz Europa am Mord an den Juden beteiligten. Es handelt sich hierbei um die neuste Version deutscher Universalisierungen, die schon längst nicht mehr allein aus der Opferperspektive fragt, sondern zunehmend die TäterInnenperspektive forciert. Im Magazin Der Spiegel heißt es mit Verweis auf Götz Aly: »Wie konnte so etwas geschehen? Diese Frage richtet sich längst nicht mehr ausschließlich an die Deutschen, deren zentrale Verantwortung für das Grauen unbestritten ist – sondern an die Täter aller Länder. […] Handelt es sich bei der sogenannten Endlösung der Judenfrage womöglich um ein ›europäisches Projekt, das sich nicht allein aus den speziellen Voraussetzungen der deutschen Geschichte klären lässt‹?« Der dunkle Kontinent, in: Der Spiegel 21 vom 18. Mai 2009, 85f.

 Der Spiegel ist in der Schärfe federführend, in der Sache jedoch nur beispielhaft für die Entwicklungen deutscher Erinnerungspolitik mit Bezug auf den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust. Auch dieser Artikel bezieht sich auf das Milgram-Experiment und sucht nach anthropologischen Dispositionen. »Vielleicht ging es sogar um noch etwas anderes, noch Irritierenderes, das tief in der Psyche wohl vieler Menschen steckt: Nämlich Anweisungen von Autoritäten selbst dann Folge zu leisten, wenn sich das Gewissen eigentlich dagegen auflehnt.« Ebd., 89. Er bestreitet dabei nicht die deutsche Urheberschaft, sieht in der Konsequenz jedoch im Holocaust ein »europäisches Projekt«. Hier wird nun tatsächlich jeder historische Unterschied eingeebnet, jede historische Urteilskraft ad absurdum geführt. Der deutsche Nationalsozialismus hätte in dieser Interpretation lediglich den formal-juristischen Rahmen bereitgestellt, in dem der Rest Europas sich bereitwillig zum gesamteuropäischen Projekt des größten Massenmords in der Menschheitsgeschichte zusammengeschlossen habe. »Auf über 200.000 schätzen Experten […] die Zahl der Nichtdeutschen, die die ›Mordaktionen vorbereiteten, durchführten und unterstützten‹ – ungefähr genauso viele wie Deutsche und Österreicher. Und oft standen sie Hitlers Schergen an Grausamkeit in nichts nach.« Ebd., 84. Eine größere Relativierung der deutschen Verantwortung kann kaum noch geleistet werden. Es waren genauso viele europäische TäterInnen und sie waren genauso grausam.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es allein die Deutschen waren, die den Zweiten Weltkrieg begannen und ihn als Vernichtungskrieg führten und damit die Kategorien von Humanität, Recht, Gewissen und Verantwortung zerstörten. Und es war auch erst die Politik des Holocaust und die Vernichtung der »Slawen« und der »Zigeuner«, die die exzessive Bereitschaft zum Morden förderte. Es handelte sich hierbei weniger um eine anthropologische Disposition des Menschen, sondern um die systematische Zerstörung der sozialen, rationalen und moralischen Ordnung durch den deutschen Nationalsozialismus.

In der Logik des Spiegels wäre es nur noch ein kleiner Schritt, auch die Juden selbst zu Handlangern ihrer eigenen Vernichtung zu machen. Schließlich mussten die osteuropäischen »Judenräte« mit den Nazis »zusammenarbeiten« und auch die zionistischen Organisationen versuchten bis 1939 die antisemitische Politik der Nazis für das zionistische Projekt in Palästina zu nutzen.

Auch wenn Der Spiegel diesen Schritt – vermutlich bewusst – nicht geht, sind die Konsequenzen verheerend. Der Holocaust war ein europäisches Projekt, mit verschiedenen Formen von Kollaboration und Beteiligung. Die an Daniel J. Goldhagen orientierte Beschreibung der nichtdeutschen TäterInnen als »Handlanger des Holocaust«, als »willige Helfer« ist eine Gleichsetzung mit den Deutschen und in der Logik des Spiegels folgerichtig.

 Der Spiegel steht mit dieser Einschätzung beileibe nicht allein, auch Götz Aly betont: »Der Holocaust ist auch zu verstehen als europäisches Ereignis, als Mittäterschaft.« Interview mit Götz Aly im Deutschlandradio vom 13. Mai 2009, Transkription unter: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/964782/. Ebenso spricht der bereits zitierte Claus Leggewie von »gesamteuropäischen Erscheinungen« und der Tatsache, dass »der Mord an den Juden ohne breite Kollaboration europäischer Regierungen und Menschen unmöglich gewesen wäre.« Leggewie, Schlachtfeld Europa, 2. Diese Interpretation der Geschichte findet vor allem in Deutschland statt und doch beginnt sie, um sich zu greifen, wie das einleitende Beispiel Sloweniens zeigt.

Dekonstruktion von Geschichte

Die Veränderungen in der Erinnerungspolitik verdrängen mehr und mehr das historische Begreifen. Es geht um moralische Fragen, um Fragen von Anthropologie und um Universalisierungen. Es ist durchaus nicht falsch, historische Ereignisse auf ihre Relevanz für das Heute zu befragen. Und doch ist das Entschwinden der historischen Differenz, des historischen Arguments, der historischen Urteilskraft problematisch, da die entscheidenden Unterschiede verwischen und einer beliebigen Allgemeinheit Platz machen. Es gab in der Geschichte des Zweiten Weltkrieges essentielle Unterschiede zwischen TäterInnen und Opfern, zwischen Beherrschen und Vernichten, zwischen AngreiferInnen und Angegriffenen. Es mag sein, dass es nicht die Dichotomie des Bösen und des Guten gab und gibt, aber dies heißt nicht, dass sich gut und böse auf alle Seiten verteilen, dass gut und böse am Ende zu leeren Kategorien werden, dass das Europa des Zweiten Weltkrieges ein »dunkler Kontinent« (Der Spiegel) war und dass die politischen Kategorien dem Verdikt allgemeiner moralischer Verkommenheit weichen muss.

Die deutsche Erinnerungspolitik wird europäisiert, universalisiert, moralisiert und parzelliert. Der Zweite Weltkrieg wird auf die Seite geschoben und die deutschen »Eigentumstitel« am Holocaust Schritt für Schritt an die europäischen Nachbarn veräußert. Eine Revision dieser Entwicklung ist nur zu haben, wenn man das historisch-politische Argument stärkt und gegen die Dekonstruktion von Geschichte, ihr ihren politischen Gehalt zurück gibt.

~Von David Schweiger. Der Autor ist Mitglied der Berliner Redaktion der Phase 2.